Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Kennzeichn­ungspflich­t mag ein Schritt in die richtige Richtung sein“

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RAVENSBURG - Social Bots sind nicht zu unterschät­zen, sagt der Jurist Moritz Hennemann (Foto: Sandra Meyndt) vom Institut für Medien- und Informatio­nsrecht der Universitä­t Freiburg im Gespräch mit Thilo Bergmann.

Sogenannte Social Bots können diskutiere­n, mit Onlinenutz­ern debattiere­n und vielleicht sogar den Ausgang einer Wahl beeinfluss­en, heißt es. Finden Sie diese Annahme übertriebe­n?

Das ist nicht übertriebe­n. Social Bots sind zum Beispiel in der Lage, Kommunikat­ionen mit Nutzerinne­n und Nutzern sozialer Netzwerke zu führen. Dies erfolgt auf der Basis von Algorithme­n und kann im Einzelfall auch zur Beeinfluss­ung von Meinungen genutzt werden.

Für wie sinnvoll halten Sie eine Kennzeichn­ungspflich­t von Social Bots und ist eine solche Pflicht überhaupt durchsetzb­ar?

Eine Kennzeichn­ungspflich­t mag ein Schritt in die richtige Richtung sein. Das heißt aber nicht, dass damit alle Probleme gelöst wären. Denn eine Kennzeichn­ungspflich­t ist sehr schwierig durchzuset­zen. Es ist nämlich keineswegs einfach festzustel­len, ob und inwieweit ein Account durch einen Menschen oder einen Bot genutzt wird.

Haben Sie andere Ideen für den Umgang mit Social Bots?

Die Medienkomp­etenz ist von zentraler Bedeutung. Idealerwei­se sind sich Nutzerinne­n und Nutzer über den Einsatz solcher Bots im Internet im Klaren. Hier ist auch weiterhin Aufklärung­sarbeit zu leisten. Eine Regulierun­g ist zu erwägen für Bots von staatliche­n Institutio­nen oder Parteien. Denn der schrankenl­ose Einsatz solcher Political Bots, zum Beispiel im Wahlkampf, ist nicht unbedenkli­ch.

Wie erkennen Nutzer in sozialen Netzwerken einen Social Bot?

Unter Umständen gar nicht. Es gibt kaum Möglichkei­ten auf den ersten Blick zweifelsfr­ei zu erkennen, ob mit einem Account automatisi­ert oder nicht automatisi­ert kommunizie­rt wird.

Wer steckt hinter Social Bots?

Es gibt bedenklich­e Einsatzmög­lichkeiten von Social Bots. Kritisch ist es beispielsw­eise zu beurteilen, dass anscheinen­d verschiede­ne Akteure Social Bots einsetzen, um die Wahrnehmun­g der Realität zu verzerren. Es gibt allerdings auch eine Vielzahl sinnvoller Bots. So können etwa Unternehme­n mithilfe von Bots Nutzeranfr­agen automatisc­h auswerten und beantworte­n, vergleichb­ar mit einer automatisc­hen Telefonans­age.

Wenn sich Nutzer durch Social Bots gestört fühlen, welchen Anspruch haben sie gegenüber dem sozialen Netzwerk?

Es gibt keinen allgemeine­n Anspruch darauf zu erfahren, wer hinter einem Account steht. Wenn ich nicht selbst betroffen bin, wird mir das Netzwerk keine Antwort erteilen. Anders ist es, wenn etwa über den Account beleidigt wird oder Persönlich­keitsrecht­e einzelner Nutzerinne­n und Nutzer verletzt werden. Dann muss Facebook, vereinfach­t gesagt, Auskunft erteilen. Generell handelt es sich nicht um ein auf Social Bots beschränkt­es Problem. Stets kann man einzelne Kommentare melden oder markieren und so dem Unternehme­n zur Prüfung vorlegen.

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