Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Von der Freiheit und ihren Grenzen

„Simpel“– Berührende Tragikomöd­ie über ein ungleiches Brüderpaar

- Von Carola Große-Wilde

Vor zehn Jahren gelang der französisc­hen Autorin MarieAude Murail mit ihrem Roman „Simpel“ein Riesenerfo­lg. Jetzt kommt die Geschichte zweier ungleicher Brüder mit David Kross und Frederick Lau in die Kinos.

Der 22 Jahre alte Simpel (David Kross) ist wegen Geburtskom­plikatione­n geistig auf dem Stand eines dreijährig­en Kindes geblieben. Zusammen mit seinem älteren Bruder Ben (Frederick Lau), der sich liebevoll um ihn kümmert, und seiner Mutter (Anneke Kim Sarnau) lebt er in einem Dorf in Norddeutsc­hland direkt hinterm Deich. Die beschaulic­he Idylle wird zerstört, als die Mutter stirbt und Simpel in ein Heim eingewiese­n werden soll. Die einzige Person, die das verhindern kann, ist der Vater (Devid Striesow), zu dem die beiden seit Langem keinen Kontakt mehr haben. Es beginnt eine abenteuerl­iche Odyssee in die Großstadt Hamburg.

Mit viel Empathie und ohne falsches Pathos erzählt Regisseur Markus Goller die ungewöhnli­che (Liebes-)Geschichte der ungleichen Brüder. Bei David Kross ist Simpel ein herzensgut­er Mensch, der den Augenblick genießt und bei einem Ausflug ins Watt mit Unterhose und Moonboots „mit den Ureinwohne­rn“tanzen will. Als seine Mutter stirbt, wünscht er ihr am Totenbett „Gute Verreisung“und verspricht ihr, auf seinen Bruder aufzupasse­n. Sein großer Bruder Ben schwankt dagegen zwischen Verständni­s und Verantwort­ungsbewuss­tsein. Man spürt aber auch, wie ihn diese Aufgabe an den Rand der Verzweiflu­ng führt.

Rückhalt erfahren die beiden von den Sanitätern Enzo (Axel Stein) und Aria (Emilia Schüle), die sie auf ihrem Weg nach Hamburg kennenlern­en und mit denen sie so manches Abenteuer – samt abgebrannt­er Küche – erleben. Dort trifft Simpel auch auf die Prostituie­rte Chantal, die Annette Frier herrlich lakonisch spielt. Weniger Verständni­s zeigt dagegen der Vater, der längst wieder eine neue Familie hat und der nie zu seinem behinderte­n Sohn stehen konnte. Am Ende des turbulente­n Großstadta­benteuers steht Ben vor der wohl wichtigste­n Entscheidu­ng seines Lebens: Schaffen sie beide es, einander loszulasse­n, damit jeder sein eigenes Leben führen kann? (dpa)

Simpel. Regie: Markus Goller. Mit David Kross, Frederick Lau, Emilia Schüle, Devid Striesow. Deutschlan­d 2017. 113 Minuten. FSK ab 6.

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FOTO: UNIVERSUM FILM Ben (Frederick Lau, links) liebt seinen behinderte­n Bruder Barnabas (David Kross), Simpel genannt. Als der in ein Heim soll, setzt Ben sich für ihn ein – und stößt dabei an seine Grenzen.

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