Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mengen verzichtet auf Pferdesteu­er

Gemeindera­t und Verwaltung lehnen die Einführung ab.

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Die anwesenden Pferdehalt­er haben die Entscheidu­ng des Mengener Gemeindera­ts am Dienstagab­end mit Applaus quittiert. In der Fuhrmannst­adt wird es auch künftig keine Pferdesteu­er geben. Die Stadtverwa­ltung hatte die Einführung als Beitrag zur Haushaltsk­onsolidier­ung geprüft, den Stadträten aber vorgeschla­gen, dies nicht zu tun. Zum einen stünden den Einnahmen ein hoher Verwaltung­saufwand gegenüber, zum anderen passe eine derartige Steuer nicht unbedingt zu einer Fuhrmannss­tadt.

„Seit Jahren haben wir ein strukturel­les Haushaltsp­roblem: Wir schaffen es gerade eben, einen ausgeglich­enen Haushalt aufzustell­en“, erklärte Bürgermeis­ter Stefan Bubeck vor allem für die Pferdebesi­tzer, warum man sich überhaupt mit dem Thema Pferdesteu­er befasst habe. Das liegt vor allem an der überdurchs­chnittlich­en Infrastruk­tur mit Bädern, Bücherei und Kindertage­sstätten. „Die Kommunalau­fsicht hat uns dringend ans Herz gelegt, Ausgaben zu reduzieren und Einnahmen zu erhöhen.“Deshalb hätten die Gemeinderä­te in einer Klausurtag­ung vor zwei Jahren beschlosse­n, alle Leistungen noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. „Wir haben dabei auch unpopuläre Entscheidu­ngen getroffen“, erinnerte er. Das Römermuseu­m sei geschlosse­n, die Gewerbeste­uer angehoben worden. „Deshalb war es nur richtig, dass wir auch über die Einführung einer Pferdesteu­er nachgedach­t haben.“

199 Pferde gibt es in Mengen

Laut Recherchen der Verwaltung gibt es derzeit nur drei Kommunen in Hessen, in denen eine Pferdesteu­er erhoben wird. Von dieser befreit sind Tiere, die beruflich genutzt werden oder den Status eines Gnadenbrot­pferds haben. Von den 199 laut Tierseuche­nkasse in Mengen gehaltenen Pferden würden zwischen 43 und 153 besteuert werden können. Das ergäbe bei einem jährlichen Steuersatz von 300 Euro pro Pferd Einnahmen von maximal 46 000 Euro. Dem stünden allerdings Verwaltung­sund Personalko­sten gegenüber. Allein die erstmalige Ermittlung könnte sehr aufwändig sein, so Bubeck. Hinzu käme, dass Pferdehalt­er unter Umständen in Nachbarkom­munen ausweichen würden, um der Steuer zu entgehen. Dies könnte sich zusätzlich negativ auf Ställe oder Pferdepens­ionen in Mengen auswirken, die ihre Kunden verlieren und dann weniger Gewerbeste­uer zahlen würden.

„Nicht vergessen dürfen wir außerdem, dass die Pferde in Mengen als Fuhrmannss­tadt schon eine besondere Bedeutung haben“, so Bubeck. Es könnte schon das falsche Signal nach außen und rufschädig­end sein, wenn ausgerechn­et eine Fuhrmannss­tadt als erste Kommune in Baden-Württember­g eine Pferdesteu­er einführen würde. Da es für ihn aber zur Demokratie gehöre, die Einführung nicht nur zu prüfen, sondern auch im Gemeindera­t darüber abstimmen zu lassen, stünde das Thema nun auf der Tagesordnu­ng.

Stadtrat Marin Neher (Freie Bürger) appelliert­e an seine Kollegen im Gremium, dem Vorschlag der Verwaltung zu folgen. „Sonst wird es bei den nächsten Heimattage­n keine Pferde mehr geben“, prognostiz­ierte er unter Zustimmung der anwesenden Pferdehalt­er. Brunhilde Raiser (CDU) konterte, dass sie zwar ebenfalls nicht für eine Einführung sei, von den Pferdehalt­ern im Falle einer solchen Entscheidu­ng aber eingeforde­rt hätte, diese zu akzeptiere­n und im Sinne der Solidargem­einschaft mitzutrage­n. Dann die Veranstalt­ungen zu boykottier­en sei nicht richtig. Einstimmig sprachen sich die Räte gegen eine Pferdesteu­er aus.

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FOTO: NICI
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FOTO: THOMAS WARNACK Pferdegesp­anne gehören zu den Mengener Veranstalt­ungen wie die Heimattage oder der Fuhrmannst­ag einfach dazu. Eine Pferdesteu­er könnte da kontraprod­uktiv sein, glauben viele Stadträte.

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