Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Vom Todesstrei­fen zum Touristenm­agneten

Bustouren ins ehemalige deutsch-deutsche Grenzland erfreuen sich großer Beliebthei­t

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PLAUEN/HOF (dpa) - Einst bewachte das Militär die deutsch-deutsche Grenze. Heute zieht es viele Touristen an den Ort des Geschehens. Die Erinnerung­en eines früheren Grenzpoliz­isten stoßen dabei auf reges Interesse.

Ein Zeitzeuge berichtet

Geschichte­n von Spionen, die enttarnt wurden, von Fluchtvers­uchen und gegenseiti­gen Beobachtun­gsaktionen: Die ehemalige deutsch-deutsche Grenze zieht nach wie vor Schaulusti­ge an – und Alfred Eiber ist in der Grenzregio­n zwischen Bayern und Sachsen zu einem der wichtigste­n Zeitzeugen geworden. Dem ehemaligen bayerische­n Grenzpoliz­isten fällt ein Ereignis nach dem anderen ein, wenn er Bustouren begleitet und so zu den Orten zurückkehr­t, die früher für Menschen unpassierb­ar waren. Bald wird er 81 Jahre alt, aber auch im kommenden Jahr rechnen die Projektlei­ter im vogtländis­chen Plauen und oberfränki­schen Hof fest mit ihm. „Solange ich kann, will ich die Touren anbieten. Aber von der jüngeren Generation würde ich mir mehr Interesse wünschen“, sagt Eiber.

Ältere zeigen großes Interesse

Auch Projekt-Betreuerin Steffi Behncke von der Stadtverwa­ltung in Plauen bestätigt: Die Nachfrage sei seit Jahren sehr hoch; vor allem ältere Menschen buchten die dreistündi­ge Bustour, die durch das Dreiländer­eck von Sachsen, Thüringen und Bayern führt. „Viele wollen die Orte sehen, zu denen sie früher nicht durften, und wollen hören, was damals genau dort passiert ist.“

Anfragen für die Bustouren kommen aus ganz Sachsen und Thüringen, aber auch aus anderen Bundesländ­ern. Von Plauen aus geht die Tour unter anderem nach Mödlareuth. Durch den Ort verlief einst die innerdeuts­che Grenze – ein Teil gehört zu Thüringen, ein anderer Teil zu Bayern. Alfred Eiber zeigt Fotografie­n, die er als früherer Sachbearbe­iter für den Grenzabsch­nitt auf bayerische­r Seite angefertig­t hat. „Alles, was an der Grenze vorfiel, landete auf meinem Schreibtis­ch“, berichtet Eiber. Darunter auch spektakulä­re Fluchtfäll­e. Wer die Grenze überwinden konnte, wurde von Alfred Eiber nicht selten mit einem freundlich­en „Grüß Gott“begrüßt.

Flucht im Ballon

Aufsehen erregte eine Ballonfluc­ht Ende der 1970er-Jahre. Eiber erzählt: „Die Insassen starteten im thüringisc­hen Lobenstein und mussten nachts notlanden, weil das Gas alle war. Und sie wussten erst nicht, auf welcher Seite der Grenze sie nun waren.“

Ein anderes Mal sei eine Frau über ein 70 Meter langes Abwasserlo­ch nach Westdeutsc­hland gekommen. Die Öffnung der Grenze 1989 bezeichnet Eiber als Glücksfall – auch wenn sie für den bayerische­n Grenzpoliz­isten wegen des großen Andrangs ehemaliger DDR-Bürger Sonderschi­chten und 70-Arbeitsstu­nden in der Woche bedeutete.

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Noch immer stehen alte Panzer an der früheren innerdeuts­chen Grenze.
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FOTOS: DPA Eine Bustour führt nach Mödlareuth. Das halb bayerisch, halb thüringisc­he Dorf war früher durch die Mauer geteilt.

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