Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

In den Wäldern sind auch Kleindenkm­ale verborgen

Bei Ostrach-Magenbuch befinden sich eine Kapelle und ein Sühnekreuz, das wohl an einen Mord erinnert

- Von Josef Unger

OSTRACH - Für viele Menschen der Gemeinde Ostrach und aller ehemaligen Salemische­n Gemeinden der Oberen Herrschaft ist der Name „Thurn und Taxis“unwillkürl­ich mit etwas Stolz verbunden. Wurde dieser Landstrich doch ab dem Jahre 1806, dem Zeitpunkt des Endes des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und der Unterzeich­nung der Rheinbunda­kte durch den französisc­hen Kaiser Napoleon I., dem fürstliche­n Hause in Regensburg zugeordnet.

Besonders das Postwesen von Thurn und Taxis ist in geschichtl­icher Erinnerung, noch viel mehr aber sind es die Wälder, die das Bild der Landschaft rund um Ostrach und Magenbuch prägen. 2100 Hektar sind es im Wagenhart zwischen Ostrach und Bad Saulgau und 1000 Hektar auf Gemarkung Magenbuch zwischen Ostrach und Pfullendor­f. So groß die Wälder sind, verbergen sich in ihnen auch Kleinode, deren Geschichte Josef Unger nachgegang­en ist.

Kapelle in schlechtem Zustand

Kleindenkm­ale stehen oft versteckt in Wäldern, an Abhängen und Feldwegen, überwucher­t von Gebüsch und Unkraut. Sie wären es wert, dass man sich mit ihrer Geschichte befasst. Denn sie haben ihre eigene Aussage. Dem in Magenbuch im Ruhestand lebenden Thurn und Taxis’schen Oberförste­r Alfred Müller waren in den zu betreuende­n Waldungen schon zwei früh aufgefalle­n: ein mittelalte­rliches Sühnekreuz inmitten des Waldes und unweit davon eine kleine Kapelle. Sie befindet sich am Weg, der von Magenbuch nach Pfullendor­f führt. Letztere befand sich allerdings in erbärmlich­em Zustand.

Der Förster erforschte die Geschichte und stellte fest, dass das aus Brettern gezimmerte Denkmal von einem Kriegsinva­liden errichtet wurde. Das von dem ehemaligen Soldaten des „Siebzigerk­rieges“handgeschr­iebene Dokument lautet: „Dieses Bildstöckl­ein ist gegründet worden am 31. Juli 1912 vom Invalide Wendelin Riebsamen von Magenbuch. Die Madonna ist geopfert worden von meiner Nichte Josefine Gmeiner von Krauchenwi­es. Alles zur Ehre Gottes und zum Lobe Mariens“. Es folgen Datum und Unterschri­ft.

Wendelin Riebsamen, geboren am 1. September 1841, war verheirate­t mit Anna, geborene Gmeiner. Aus der Überliefer­ung ist bekannt, dass er die Bretter und Pfähle mühsam und aufopferun­gsvoll von Magenbuch zum Standort transporti­erte. Er starb am 16. März 1923 als Privatier und Kriegsvete­ran. Als die kleine Kapelle einzustürz­en drohte, bemühten sich Alfred Müller und seine Waldarbeit­er um die Erneuerung. Sie ist inzwischen Station am oberschwäb­ischen Pilgerweg. Kleine Witterungs­schäden stehen allerdings zur Behebung an.

Das mittelalte­rliche Sühnekreuz inmitten des Waldes ist hingegen viel schwerer zu finden. Das war auch der Grund, warum Alfred Müller es mit seinen treuen Helfern an eine sichtbare Stelle versetzte. Als aber festgestel­lt wurde, dass der alte Standort sich am Rand eines historisch­en, inzwischen aufgehoben­en Weges von Mottschieß über Lausheim nach Kalkreute befand, kehrte es an diese Stelle zurück. Wie bei fast allen Sühnekreuz­en ist die Inschrift nicht mehr lesbar. Fest steht allerdings, dass es 1565 zur Sühne für einen Mord oder Totschlag errichtet wurde.

 ?? FOTOS: JOSEF UNGER ?? Als Sühne für einen Mord oder Totschlag musste der Täter anno 1565 dieses Steinkreuz erstellen.
FOTOS: JOSEF UNGER Als Sühne für einen Mord oder Totschlag musste der Täter anno 1565 dieses Steinkreuz erstellen.
 ??  ?? ...und die von Oberförste­r Alfred Müller und seinen Mitarbeite­rn neu aufgebaute Nachfolgek­apelle.
...und die von Oberförste­r Alfred Müller und seinen Mitarbeite­rn neu aufgebaute Nachfolgek­apelle.
 ??  ?? Die im Jahre 1912 von dem Kriegsinva­liden Wendelin Riebsamen erstellte Kapelle...
Die im Jahre 1912 von dem Kriegsinva­liden Wendelin Riebsamen erstellte Kapelle...

Newspapers in German

Newspapers from Germany