Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gedenktafe­l für geschunden­e Menschen

Claus-Dieter Reinhardt über das Gedenken an die Opfer der Hexenproze­sse.

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BAD SAULGAU - Nach einer intensiven Vorbereitu­ngszeit ist es nun am Buß- und Bettag so weit. In der Oberen Hauptstraß­e – gleich hinter der St.-Antoniuski­rche – wird an diesem Tag eine Gedenktafe­l zur Erinnerung an die Opfer der Hexenproze­sse in Bad Saulgau eingeweiht. Anita Metzler-Mikuteit hat sich dazu mit dem Initiator Claus-Dieter Reinhardt unterhalte­n.

Herr Reinhardt, Sie haben schon früh begonnen, sich mit der Hexenverfo­lgung zu befassen, Sie haderten auch mit dem Begriff „Hexenstädt­le“. Und sind in diesem Kontext nicht nur auf offene Ohren gestoßen?

Es gab zwar nie persönlich­e Anfeindung­en, aber doch so manches Unverständ­nis. Etwa mit Aussagen darüber, dass das alles doch schon so lange her sei und deshalb auch nicht mehr zeitgemäß. Besonders gestört hab ich mich an der Endung „le“(Hexenstädt­le, d. Red.). Als wolle man dadurch etwas schönreden.

Sie haben auch mit der Dorauszunf­t Kontakt aufgenomme­n?

Bei der Bildung des Arbeitskre­ises „Hexenverfo­lgung“habe ich den Kontakt mit dem Verein gesucht. Es wurde jedoch von deren Seite kein Bedarf festgestel­lt. Der Fasnet- und Brauchtums­forscher Professor Werner Mezger hat im Zusammenha­ng mit der Hexenfigur in der schwäbisch-alemannisc­hen Fasnet kritische Aussagen gemacht, die zum Nachdenken anregen.

Im Alten Testament heißt es unter anderem, man solle eine „Zauberin nicht am Leben lassen“. Das war unter anderem der Freibrief, die sogenannte­n Hexen – als Verbündete des Teufels – zu verfolgen, auf grausamste Weise zu foltern und zu ermorden. Ist es nicht so, dass die Kirche während der Hexenproze­sse eine unrühmlich­e Rolle gespielt hat?

Ja, wobei exakt übersetzt ging es um den „Zauberer“, es bezieht sich also nicht explizit auf die Frau als Hexe. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenha­ng vor allem das Buch „Der Hexenhamme­r“, das schlimmste Buch aller Zeiten, das als Vorlage diente für alle Hexenproze­sse. Der Verfasser Heinrich Kramer war ein Dominikane­rmönch, ein Psychopath und Frauenhass­er. Anderersei­ts gab es viele Pastoren, die sich klar gegen den Hexenhamme­r ausgesproc­hen haben.

Gab es größere Hürden, die Sie und die Arbeitskre­is-Mitglieder im Vorfeld der Einweihung zu bewältigen hatten?

Wir haben wunderbar zusammenge­arbeitet. Uns allen war klar, dass es nicht genügte, die Akten nach der Rehabiliti­erung zu schließen, sondern dran zu bleiben und einen würdigen Gedenkort zu schaffen. Eine Spende der Kinzelmann-Stiftung hat es möglich gemacht, eine Gedenktafe­l zu finanziere­n, auf der alle Namen der Frauen eingravier­t sind, deren Hinrichtun­g belegt ist. Großen Dank gilt in diesem Zusammenha­ng auch Franz Bachhofer, der uns auch ideell sehr unterstütz­t hat.

Judith Anna Maria Kolbe hat zu diesem Themenkomp­lex im Rahmen ihres Studiums eine wissenscha­ftliche Hausarbeit verfasst, kritisiert darin die „zunehmende Vergessenh­eit des Hexenwahns und deren Opfer“auch in Bad Saulgau. Wie sieht es in Bad Saulgau mit der Erinnerung­sarbeit aus?

Das Thema wurde von Michael Skuppin auch schon in die Gesamtelte­rnkonferen­z eingebrach­t. Erfreulich ist, dass sowohl an der Berufsschu­le als auch an der Realschule das Thema in die sogenannte­n Debattierr­unden eingefloss­en ist.

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: PRIVAT Der Auschnitt zeigt einen Teil der Gedenktafe­l.
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FOTO: RUM Claus-Dieter Reinhardt ist der Initiator der Gedenkstät­te.

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