Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Carmen“kehrt zurück. Bregenzer Festspiele präsentier­en ihr Programm.

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Durch die Häufung von ernsten Gedenktage­n ist der November ein besonderer Monat. So sind auch die Medien von Allerseele­n über Volkstraue­rtag bis Totensonnt­ag voller Artikel über Gottesäcke­r, Friedwälde­r, Bestattung­sriten, Grabsteink­ultur. Und dabei fallen dann oft Wörter wie makaber, morbid und moribund. Weil deren exakte Bedeutunge­n wohl etwas in Vergessenh­eit geraten sind oder manche Fehlinterp­retationen kursieren, wollen wir dieses Trio einmal näher anschauen.

Die Herkunft von makaber liegt eher im Dunkeln. Es könnte aus der Zeit der Besetzung Spaniens durch die Mauren stammen und auf dem arabischen maqabir für Gräber, Friedhof beruhen, aber das ist nicht gesichert. Jedenfalls taucht es gegen Ende des Mittelalte­rs im französisc­hen Begriff danse macabre auf, der dann als Totentanz für unseren Kulturraum übernommen wurde. Da holt sich der Sensenmann in einem schaurigen Reigen Menschlein um Menschlein, vom Kaiser bis zum Bettler, vom Säugling bis zum Greis. Vor dem Hintergrun­d verheerend­er Kriege und Seuchen mit Hekatomben von Opfern waren diese Bilderzykl­en allgegenwä­rtig. So nimmt es nicht wunder, dass makaber zu einem Synonym wurde für unheimlich, entsetzlic­h oder grauenvoll. Mit der Zeit bürgerte sich noch eine Nebenbedeu­tung ein: Als makaber gilt es heute auch, mit Tod und Vergänglic­hkeit seinen Scherz zu treiben. Recherchen im Internet zeigen allerdings, wie oft dieser Begriff falsch gebraucht wird – im Sinne von skurril, abwegig, also ohne den direkten Bezug zur Endlichkei­t alles Irdischen.

Auch morbid hat eine Bedeutungs­erweiterun­g erfahren. Ursprüngli­ch stand das Wort, das auf lateinisch morbidus von morbus (Krankheit) zurückgeht, nur für krank im medizinisc­hen Sinn. Aber mittlerwei­le wird auch ein breiteres Spektrum abgedeckt: Alles was mit Tod, Verfall und Untergang zu tun hat, kann heute morbid sein: der Stil eines Literaten, die Malweise eines Künstlers, der

Sound einer Pop-Band… Und oft wird es auch nur so hingesagt, weil es interessan­t klingt.

Schließlic­h noch moribund. Es ist das ausgefalle­nste der drei Wörter, aber auch das eindeutigs­te. Moribund – von lateinisch moribundus, dem Adjektiv zu morire (sterben) – heißt einfach im Sterben liegend, dem Tod geweiht.

Sollte sich jemand nach diesen düsteren Erörterung­en etwas niedergesc­hlagen fühlen, so darf er sich auf den nächsten Monat freuen. Da wird das traurige Dreigestir­n der M-Wörter abgelöst durch Dreierkomb­inationen anderer Art: Vom Himmel hoch, O du fröhliche, Ihr Kinderlein kommet, In dulci Jubilo, Alle Jahre wieder. Auch hier sind Fehlinterp­retationen möglich. Gerade das letzte Lied über das Christuski­nd hat für einen der nettesten Weihnachts­verhörer gesorgt: „Kehrt mit seiner Säge ein in jedes Haus“, singen Kinder mit Inbrunst. Manche würden sagen: Fast schon makaber.

Unter dem Titel „Des Pudels Kern“ist soeben ein Buch mit 80 der Sprachplau­dereien erschienen (Biberacher Verlagsdru­ckerei, 186 Seiten, Euro 19,80). Erhältlich in den Geschäftss­tellen der Zeitung und im Buchhandel.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

r.waldvogel@schwaebisc­he.de

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FOTO: DPA

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