Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Mord ist ihr Hobby
Krimiautorin Silke Nowak liest im Alten Kloster aus ihrem neuen Roman „Patient 211“
BAD SAULGAU - Silke Nowak hat am Freitag im gut gefüllten Lichthof des Alten Klosters ihren neuen Roman „Patient 211“vorgestellt. Auf Einladung des Fördervereins „Freunde des Störck-Gymnasiums“, der einmal im Jahr einen erfolgreichen Absolventen des Störck-Gymnasiums zum Vortrag lädt, stellte die Abiturientin des Jahrgangs 1995 nach einer Einleitung von Michael Roensch ihren Weg zur Schriftstellerin vor.
Nach dem Abitur studierte sie zunächst Medizin, „weil mein Verstand und meine guten Noten mir das ebenso nahelegten wie meine Eltern“, erklärte sie. Es gebe allerdings in jedem Menschen einen inneren Lebensentwurf, „der am Anfang noch sehr vage und schwammig ist, sich jedoch mit den Jahren immer mehr dem realen Leben annähert“. Sie wusste, dass sie eigentlich Künstlerin sein wollte, „ob in der Bildenden Kunst oder Literatur“sei noch unklar gewesen. Deshalb studierte sie schließlich Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der Freien Universität in Berlin und promovierte über die Lyrik Gertrud Kolmars. Doch die Uni-Landschaft veränderte sich rasch. „Es gab weniger Lehrstühle, viele befristete Stellen, der Magisterstudiengang war dem Bachelor gewichen“. Sie kehrte der Wissenschaft den Rücken, begann, ihren ersten Roman fertigzustellen. Als sich die Suche nach einem Verlag in die Länge zog, schrieb sie einen zweiten Krimi, den sie selbst über das Internet veröffentlichte. Immer mehr Leser luden sich ihre Bücher herunter, schnell erlangte die Autorin große Popularität. „Die Digitalisierung, die vierte mediale Revolution nach der Entstehung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, hat es mir ermöglicht, einfach ohne das Vertriebsnetz etablierter Verlage Leser zu erreichen“, so Nowak.
Nichts für schwache Nerven
„Ich möchte nun die ersten Seiten meines neuen Kriminalromans lesen, wer also schwache Nerven hat, kann nun den Saal verlassen“, leitete sie schmunzelnd zur Lesung über. Hier zeigte die Autorin, warum sie in verschiedenen Bestsellerlisten die vordersten Plätze belegt. Eine traumartige Sequenz rund um die Figur Linda, die sich als Mordverdächtige in der Psychiatrie befindet und dort ihrem ermordeten Ehemann Benjamin begegnet, spannt bereits die zentrale Thematik des Romans auf, die Frage nämlich nach Fiktion und Realität, nach Sein und Schein.
Vor der fast kafkaesken Kulisse einer psychiatrischen Klinik, mit souveräner erzählerischer Stringenz sowie der gleichzeitigen Vielschichtigkeit der gewählten Metaphorik zogen die Zeilen das anwesende Publikum sofort in ihren Bann. Die Ankunft des forensischen Psychiaters Dr. Julian Kraft, seine nächtliche Begegnung mit der Angeklagten sowie die schrittweise Einführung verschiedener weiterer Figuren war gleichsam plastisch wie unwirklich, entschleunigt wie temporeich. Als die Spannung ihren Höhepunkt erreichte, unterbrach die Autorin ihre Lesung mit einem süffisanten Lächeln und bedankte sich für die Aufmerksamkeit.
Schließlich komme „dem Stilmittel des Cliffhangers gerade im digitalen Zeitalter eine zentrale Bedeutung zu.“