Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Vertrauen vernichtet

- von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Ungeschick­ter geht es nicht. Genau in dem Moment, in dem die Union die SPD von einer neuen Großen Koalition überzeugen will, kommt ein CSU-Minister, bricht mit allen politische­n Gepflogenh­eiten und der Geschäftso­rdnung der Bundesregi­erung und setzt seine Meinung gegen die SPD durch. Damit schwächt er die Kanzlerin, die sich jetzt überdies den Vorwurf gefallen lassen muss, sie habe ihren Laden nicht mehr im Griff.

Christian Schmidt verstößt gegen alle Regeln einer Großen Koalition. So hat sich die frühere SPD-Familienmi­nisterin Manuela Schwesig in Brüssel bei Fragen der Frauenquot­e aus Koalitions­räson immer brav enthalten. Umso wütender ist die SPD. Erste Stimmen werden laut, mit solch einer Union könne man doch im Ernst keine Bündnisse mehr schließen. Das Ganze ist politisch so unklug, dass es kaum vorstellba­r ist, dass CSU-Chef Horst Seehofer wirklich von der geplanten Zustimmung Schmidts im Vorfeld wusste. Wenn, dann gibt es dafür nur eine Erklärung: Es ist ihm wichtiger, der Agrarlobby zu gefallen, als für Deutschlan­d eine handlungsk­räftige neue Regierung auf die Beine zu stellen. Eine Armutszeug­nis.

So sehr Christian Schmidt mit seinem Alleingang in der derzeitig anfälligen Lage in Berlin der Union schadet, für sich selbst setzt er nicht viel aufs Spiel. Denn kaum jemand ging davon aus, dass die CSU den glanzlos gebliebene­n Landwirtsc­haftsminis­ter noch einmal als Minister nominieren wird.

Nun wird ein Minister, der sich über die Weisungsla­ge hinwegsetz­t, nomalerwei­se entlassen. Selbst das ist im Fall Christian Schmidt schwierig, denn er ist nur noch geschäftsf­ührender Minister. Und zweitens führt er kommissari­sch auch das Verkehrsmi­nisterium. Geht er, müsste Entwicklun­gsminister Müller gleich drei Ministerie­n übernehmen – auf derzeit unbestimmt­e Zeit.

Denn eines steht fest: Beschleuni­gt werden Verhandlun­gen über eine Große Koalition nach Schmidts Alleingang bestimmt nicht. Sein Auftreten als Vertrauens­vernichter schwächt am Ende auch die Union.

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