Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein Gymnasium für Mathe-Genies
Ab 2020 gibt es landesweit erste Oberstufe für besonders begabte Schüler in Mint-Fächern
STUTTGART (kab) - Ab 2020 soll es in Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen) ein Exzellenzgymnasium mit Internat für hochbegabte Schüler in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint) geben. Einen entsprechenden Grundsatzbeschluss hat das grünschwarze Landeskabinett am Dienstag in Stuttgart getroffen. Es ist das landesweit erste Gymnasium zur Förderung der Mint-Fächer. Die Schüler der Stufen zehn bis zwölf belegen nebenbei Kurse an Universitäten und absolvieren Praktika in die Wirtschaft.
STUTTGART - Die Planungen laufen schon eine ganze Weile, nun hat der Ministerrat einen Grundsatzbeschluss getroffen: In Bad Saulgau entsteht ein Exzellenzgymnasium mit Internat für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint). Ab dem Schuljahr 2020/2021 sollen hier Schüler mit besonderer Begabung die Klassen zehn bis zwölf durchlaufen. Fester Bestandteil werden Frühkurse an Universitäten sowie Projekte mit der Wirtschaft sein. „Wir müssen schauen, dass wir im internationalen Wettbewerb mit den internationalen MintSpitzenleistungen konkurrieren können“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Vorstellung des Konzepts am Dienstag in Stuttgart.
Das geplante Exzellenzgymnasium ist das erste seiner Art in BadenWürttemberg. „Die Begabtenförderung in Baden-Württemberg braucht neue Impulse“, sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) und verwies auf Bayern, wo ein Gymnasium dieser Art erfolgreich sei. Im Südwesten gibt es zwar seit 2004 in Schwäbisch Gmünd ein Gymnasium für Hochbegabte und seit 2006 landesweit 15 Hochbegabtenklassen. Zudem gebe es Dutzende Gymnasien mit dem Profil Sport, Musik oder Kunst. An diese Erfolge wolle man nun auch in den Mint-Fächern anknüpfen.
Japanische Schule neu genutzt
Dass sich die grün-schwarze Landesregierung für Bad Saulgau entschieden hat, hat offenbar mehrere Gründe. „Es ist auch eine klare Stärkung des ländlichen Raums“, sagte Eisenmann. In Bad Saulgau gibt es seit 1999 ein Schülerforschungszentrum, das sich im Mint-Bereich einen sehr guten Ruf erarbeitet hat. Die Nähe hierzu ist laut Eisenmann ausschlaggebend. Zudem steht in Bad Saulgau seit 2012 eine ehemals japanische Schule leer. Zu Hochzeiten des Flüchtlingszuzugs stand sie als mögliche Erstunterkunft zur Debatte. Mit dem Gymnasium plus Internat wird dem Gebäude, das in Landesbesitz ist, wieder neues Leben eingehaucht.
Laut Eisenmann soll der Unterricht ab 2020 beginnen. Bis dahin stehen Bauarbeiten an – Eisenmann sprach von einem Architektenwettbewerb, der nun anstehe. Das bestehende Gebäude ist denkmalgeschützt, doch auf dem Gelände gibt es Platz für weitere Bauten. Im Endausbau plant Eisenmann mit vier Klassen je Jahrgang. Nur wer eine Aufnahmeprüfung besteht, wird aufgenommen. Im Internat wohnen müssen die Schüler nicht zwangsläufig, wenn sie in der Region wohnen. Laut Kabinettsvorlage, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, geht das Kultusministerium von drei bis fünf Prozent der rund 30 000 Abiturienten im Land aus, die besonders begabt sind – wohl die Hälfte davon im Mint-Bereich. An diese rund 600 Schüler richtet sich das neue Angebot.
Während der dreijährigen Oberstufe sollen die Schüler bereits Scheine, also Leistungsnachweise, an Universitäten erlangen. Ein Blockpraktikum, das die Schüler in einem Unternehmen absolvieren, dient zudem als Vorpraktikum, das für technische Studiengänge an allen Hochschulen Baden-Württembergs anerkannt wird. Das pädagogische Konzept hat das Kultusministerium mit den Univeristäten in Tübingen und Ulm sowie mit Vertretern der Wirtschaft, unter anderem mit Aesculap in Tuttlingen, erstellt. So lobt Südwestmetall-Chef Stefan Wolf nun auch, dass mit dem Gymnasium „die Mint-Lücke in der Hochbegabtenförderung“geschlossen werde.
Die örtliche Grünen-Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden zeigt sich erleichtert. Jahre habe sie für das Mint-Gymnasium gekämpft. Nun ist endlich eine Entscheidung gefallen, „nach vielfältigen Bemühungen und ,Willensbekundungen’ in den letzten Jahren – ohne eine tatsächliche Entscheidung“, wie sie sagt.
Dass das Exzellenzgymnasium nun kommen soll, begrüßt auch die FDP-Landtagsfraktion grundsätzlich. Doch fordert deren Bildungsexperte Timm Kern die Kultusministerin auf, sich mehr um die Lehrerversorgung in den Mint-Fächern an allen Schulen zu bemühen. „Die Mint-Fächer sowohl an der Spitze als auch in der Breite zu fördern, ist nach Ansicht der FDP-Fraktion das Gebot der Stunde.“