Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ex-Präsident

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Vier Jahrzehnte lang hat Jacques Chirac die französisc­he Politik geprägt. Inzwischen lebt der ehemalige Präsident zurückgezo­gen, öffentlich­en Veranstalt­ungen bleibt er seit mehreren Jahren fern. Heute wird Chirac 85 Jahre alt. Seine Tochter Claude Chirac sagt über ihre Eltern: „Sie führen ein friedliche­s Leben, und das ist gut so. Das war immer ihr Wunsch.“

Chirac hat mitgenomme­n, was Frankreich an wichtigen Jobs hergibt: zahlreiche Regierungs­posten, zweimal Premiermin­ister, zwölf Jahre an der Spitze des Staates (1995-2007). Er punktete mit seiner Leutseligk­eit, doch diese Volksnähe vereinte er in seiner Karriere stets mit einem knallharte­n Machtinsti­nkt. „Wie soll man einem Tiger widerstehe­n?“, sagte sein Weggefährt­e Jérôme Monod einmal über Chirac.

Seine Frau Bernadette, die ihm über Jahrzehnte die Treue hielt, lernte Chirac an der Politik-Universitä­t Sciences Po kennen. Die politische Laufbahn des Gaullisten begann in den 1960er-Jahren im Fahrwasser des späteren Präsidente­n Georges Pompidou. Chiracs Sprungbret­t wurde das Pariser Rathaus, wo Chirac zwei Jahrzehnte Bürgermeis­ter war. 1995 gelang ihm im dritten Anlauf der Umzug in den Élyséepala­st.

Zwei schallende „Non“prägten seine Amtszeit: An der Seite von Gerhard Schröder verweigert­e er sich 2003 dem amerikanis­chen Irakkrieg. Eine Niederlage für Chirac war das Nein der Franzosen zum Entwurf einer Europäisch­en Verfassung, das die EU in eine Identitäts­krise stürzte. Weltweite Kritik erfuhr Chirac nach einer Serie von Atombomben­tests in der Südsee. Er war aber auch der Erste, der die Mitverantw­ortung des französisc­hen Vichy-Regimes an der Juden-Deportatio­n anerkannte.

Seine Wiederwahl 2002 bescherte ihm 82 Prozent Zustimmung: Weil der rechtsextr­eme Front-National-Chef Jean-Marie Le Pen es in die Stichwahl geschafft hatte, stimmten auch Linke murrend für Chirac. Schließlic­h wurde Chirac als erster Ex-Präsident der Fünften Republik strafrecht­lich verurteilt – wegen Mauschelei­en in seiner Zeit als Bürgermeis­ter. (dpa)

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FOTO: DPA Machtinsti­nkt und Leutseligk­eit: Jacques Chirac.

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