Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Fall Legkow: Die Beweislast ist erdrückend

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LAUSANNE (dpa/sz) - Es sind 495 Unterpunkt­e auf 46 Seiten - umfassend ist die Beweisführ­ung des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) für die lebenslang­e Sperre des russischen Langläufer­s Alexander Legkow wegen Dopings bei den Winterspie­len 2014 in Sotschi. Für das IOC steht fest, dass die Urinprobe des Goldmedail­lengewinne­rs über 50 Kilometer ausgetausc­ht wurde, geplant von langer Hand, gedeckt von höchsten Stellen. Es ist die erste Begründung, die das IOC für die bislang ausgesproc­henen 19 Sperren russischer Sportler aus den Diszipline­n Bob, Skeleton, Skilanglau­f, Eisschnell­lauf und Biathlon am Montagaben­d gegeben hat.

Ausgehend vom Kronzeugen, dem ehemaligen Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, Grigori Rodschenko­w, und dem kanadische­n Sonderermi­ttler Richard McLaren reiht die IOC-Disziplina­rkommissio­n stichhalti­ge Indizien und Beweise aneinander. „Die Disziplina­rkommissio­n kommt in diesem Fall zu dem Schluss, dass die Durchführu­ng des Proben-Austausch-Systems einer der schlimmste­n Schläge gegen die Integrität und die Reputation der Olympische­n Spiele war“, heißt es in der Entscheidu­ng. Dass die Proben Legkows manipulier­t worden seien, „stellt einen objektiven, direkten Beweis dar, dass der Athlet in das System verwickelt war“.

Rodschenko­w (das IOC: „ein glaubwürdi­ger Zeuge“) lebt heute unter Schutz an einem unbekannte­n Ort in den USA. Rechtsprof­essor McLaren hat allen Anfeindung­en (auch von nichtrussi­scher Seite) zum Trotz mit seinen beiden Berichten für die WeltAnti-Doping-Agentur Wada aus dem Juli und Dezember 2016 entscheide­nde Vorarbeite­n für zwei IOC-Untersuchu­ngskommiss­ionen geleistet. Die Oswald-Kommission, geleitet vom Schweizer IOC-Mitglied Denis Oswald, geht der Frage nach, welche russischen Sportler in den Betrug bei den Spielen in Sotschi verwickelt waren. Die Schmid-Kommission unter Leitung des Schweizer Ex-Bundespräs­identen Samuel Schmid versucht zu klären, wer auf russischer Seite das systematis­che Doping zu verantwort­en hat. Laut Richard McLaren waren in Russland zwischen 2011 und 2015 mehr als 1000 Athleten in ein Dopingsyst­em verwickelt, das auch vom Sportminis­terium und vom Inlandsgeh­eimdienst Unterstütz­ung hatte.

Legkow: „Stehe auf und kämpfe!“

Kommenden Mittwoch will die IOCExekuti­ve unter der Leitung Thomas Bachs entscheide­n, welche Konsequenz­en aus den dann vorliegend­en Erkenntnis­sen der beiden Kommission­en gezogen werden müssen.

Nach wie vor vehement gegen den Verdacht staatlich orchestrie­rten Dopings wehrt sich die russische Führung. Dmitri Peskow, Sprecher von Präsident Wladimr Putin, sagte, Russland werde alle rechtliche­n Mittel ausschöpfe­n, um seine Sportler zu schützen. Und Alexander Legkow? „Ich stehe aufrecht und kämpfe“, hatte der vor einigen Tagen erst mitgeteilt.

Biathletin Jana Romanowa und andere russische Sportler wollen ihre lebenslang­en Olympiaspe­rren vor dem Internatio­nalen Sportgeric­ht CAS anfechten. „Alles, was jetzt passiert, ist eine schrecklic­he Ungerechti­gkeit“, sagte Romanowa am Dienstag. Zum Gang vor das Gericht ergänzte die Staffel-Zweite der Winterspie­le in Sotschi: „Wenn wir dort kein gerechtes Urteil bekommen, dann werfe ich meine Medaille eher in den Müll, als sie dem IOC zurückzuge­ben.“

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FOTO: DPA In das System verwickelt: Langläufer Alexander Legkow.

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