Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

FIFA-Prozess: Wieder Vorwürfe gegen Katar

Der Ausrichter von 2022 soll den Südamerika­nern vor der WM-Vergabe Millionen-Schmiergel­der geboten haben

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NEW YORK (SID) - Luis Bedoya konnte sich nicht erinnern, oder er wollte es nicht. „Jemand Wichtiges vom katarische­n Fernsehen“sei ihm damals in einem Madrider Hotel vorgestell­t worden, sagte der längst gesperrte frühere Verbandspr­äsident Kolumbiens im Zeugenstan­d des FIFA-Prozesses. Der Unbekannte habe sich erkundigt, ob „Südamerika bereit ist“, Katar bei der Vergabe der WM 2022 „zu unterstütz­en“. Aber der Name? Keine Ahnung.

Deshalb bleiben die Anschuldig­ungen gegen den WM-Gastgeber auch in der dritten Woche des New Yorker Prozesses (noch) diffus. Bedoya, der sich 2015 der Korruption schuldig bekannt hatte, war am Montag der erste Ex-Funktionär, der vor der Jury auspackte. Detaillier­t konnte er aber nur von Schmiergel­dzahlungen im südamerika­nischen Korruption­snetzwerk berichten, in dem der 2014 verstorben­e Julio Grondona anscheinen­d herrschte wie „Der Pate“in Francis Ford Coppolas grandioser Film-Trilogie. Der Argentinie­r habe einen schweren, goldenen Ring getragen, sagte Bedoya, und es gerne gesehen, wenn das Schmuckstü­ck als kleine Ehrerbietu­ng geküsst wurde. Niemand habe ihn „zum Feind haben wollen“, sagte der Kolumbiane­r, der sich wie viele der geladenen Zeugen von seiner Aussage Strafmilde­rung erhofft. Bedoya gehörte lange zu der „Group of Six“des Kontinenta­lverbandes CONMEBOL, die sich laut Anklagesch­rift aus den „weniger mächtigen“Verbandspr­äsidenten zusammense­tze. Bei jeder sich bietenden Gelegenhei­t sollen sie die Hand aufgehalte­n haben. Zwei der Sechsergru­ppe, Juan Angel Napout (Paraguay) und Manuel Burga (Peru) sind zusammen mit dem Brasiliane­r Jose Maria Marin in New York angeklagt.

Er selbst habe in seiner Funktionär­slaufbahn von 2007 bis 2015 „mehr als drei Millionen Dollar“Schmiergel­d angenommen, bezahlt von der Firma „Full Play“für die Vergabe von Medienrech­ten, etwa an kolumbiani­schen Länderspie­len, sagte Bedoya. „Full Play“gehörte Hugo Jinkins und dessen Sohn Mariano, die beide mit im Zentrum der US-Ermittlung­en stehen. Mariano Jinkins sei auch im Jahr 2010 in Madrid dabei gewesen.

Der Geschäftsm­ann habe den Unbekannte­n aus Katar vorgestell­t – ihm, Napout und Luis Chiriboga (Ecuador), sagte Bedoya. Im Anschluss habe Jinkins von einer Summe „zwischen 10 und 15 Millionen Dollar“gesprochen, die als Schmiergel­der nach Südamerika im Gegenzug für Katar-Stimmen fließen könnten. „Er sagte, wir können alle eine bis eineinhalb Millionen verdienen“, berichtete Bedoya.

Zu der Zahlung sei es aber nie gekommen – sie wäre wohl auch verschenkt gewesen. Weder Bedoya noch Napout oder Chiriboga waren bei der WM-Vergabe durch das FIFA-Exekutivko­mitee im Dezember 2010 stimmberec­htigt. Für Südamerika hatten Grondona, Ricardo Teixeira (Brasilien) und Nicolas Leoz (Paraguay) ihre Stimmen abgegeben. Dass sie dabei bestochen worden sein sollen, hatte bereits Alejandro Burzaco (Argentinie­n), der erste Zeuge in New York, ausgesagt.

Bedoya teilte mit, dass sich Kolumbien für die WM-Bewerbung Spaniens (für 2018) und der USA (für 2022) starkgemac­ht habe. Später soll ihm der CONMEBOL-Generalsek­retär Eduardo Deluca gesagt haben: „Ihr haltet immer zu den Verlierern.“

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FOTO: IMAGO Erhebt schwere Anschuldig­ungen gegen Katar und TV-Rechtehänd­ler Hugo Jinkins: Kolumbiens Ex-Verbandsch­ef Luis Bedoya.

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