Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Präsente, die wirklich ein Geschenk sind
Nun ist also wieder die Zeit, in der wir uns Gedanken darüber machen, was wir Leuten schenken sollen, die sowieso schon alles haben – und von allem sowieso zu viel. Das heißt, zu viel von den Dingen, die eigentlich kein Mensch braucht. Doch anstatt daraus den Schluss zu ziehen, endlich etwas zu verschenken, was wirklich dringend gebraucht wird, suchen wir nach Sachen, die Menschen eigentlich noch viel weniger brauchen. Das Ergebnis sind so bizarre Geschenke wie zum Beispiel der Eierschalensollbruchstellenverursacher, der – nach eingehenden Studien in der eigenen Küche – am
Ende doch nur den Eierschalensollbruchstellenverursacherhersteller glücklich macht, nicht aber den Eierschalensollbruchstellenverursachernutzer.
Weil dieser
Tage allenthalben viel von Besinnlichkeit geschwatzt wird, hier ein paar Vorschläge, wie wir uns in kulinarischen Fragen tatsächlich unterhaltsam wie lehrreich zurückbesinnen können. Nämlich mit ein paar Klassikern der Küchenlehre. Es fehlt uns ja meistens nicht an überkandidelten Moderezepten, sondern an Grundwissen.
Wer über Grundlagen sprechen möchte, kommt am Standardwerk „Kochkunstführer“von Auguste Escoffier nicht vorbei. Es gibt ihn augenblicklich in der 15. Auflage, ein Wälzer mit über 700 Seiten. Darin enthalten ist nichts weniger als das kulinarische Erbe nicht nur der französischen Esskultur, sondern letztendlich aller Küchen Europas. Denn sie sind samt und sonders von Escoffier beeinflusst. Der gute Mann hat damit angefangen, quasi jedes denkbare Gericht seiner Zeit Von Erich Nyffenegger entsprechend zu katalogisieren und zu archivieren. Der Klassiker enthält keine Bilder, dennoch sind die Rezepte durchaus nachkochbar. Er schließt den Kreis der Fragen, warum sich bis heute französische Begrifflichkeiten in den Küchen der Welt als unersetzlich halten. Das üppige Werk ist für schlanke 19,95 Euro zu haben.
Für unsere heutige Esskultur ist insbesondere Italien von großer Bedeutung. Der Markt ist überschwemmt von entsprechenden Kochbüchern, die aber oft nicht auf fundiertem Basiswissen beruhen, sondern teilweise fleißig zusammengegoogelt wirken.
Mit dem Standardwerk „Die klassische italienische Küche“von Marcella Hazan, ist der Leser auf der sicheren Seite. Denn die Italo-Amerikanerin lehrte die Küche Italiens in der richtigen Annahme, dass ihre Komplexität in der Einfachheit liegt. Oder anders gesagt: Zwar sind die einfachen Dinge meistens die besten, aber nur dann, wenn man auch weiß, wie es geht. Wer die 450 Rezepte auf gut 600 Seiten verinnerlicht hat, weiß ganz sicher, wie es geht. Es kostet in der aktuellen Ausgabe 54 Euro.
Wer sich neben dem Kochen mehr fürs Essen und Genießen an sich interessiert, ist bei Jean Anthelme Brillat-Savarin bestens aufgehoben. In seinem Büchlein „Physiologie des Geschmacks“sammelt der Urvater aller Feinschmecker kluge Gedanken über das Essen und alles, was damit zu tun hat.
Der witzige Ton, in dem BrillatSavarin seine „Betrachtungen über das höhere Tafelvergnügen“ausbreitet, macht ihn zum kurzweiligen Unterhaltungsautor. Das Büchlein mit seinen 220 Seiten kostet neun Euro.
Auguste Esscoffier: Kochkunstführer. Nikol Verlag 2016.
736 Seiten, 19,95 Euro. Marcella Hazan: Die klassische italienische Küche. Echtzeit Verlag, 2015. 605 Seiten, 54 Euro. Jean Anthelme Brillat-Savarin: Physiologie des Geschmacks.
Insel Verlag. 220 Seiten, 9 Euro.