Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Vor 120 Jahren: Torfwerk geht in Betrieb

Landwirte können sich etwas dazuverdie­nen – Anlagen werden 1928 stillgeleg­t

- Von Josef Unger

OSTRACH - Vor 120 Jahren, am 17. Dezember 1897, hat in Ostrach Freude und Zufriedenh­eit geherrscht. Alle Zeitungen der Region berichtete­n fast einmütig über das große Ereignis, nämlich die Fertigstel­lung und Inbetriebn­ahme der Torfbriket­tfabrik.

Besonders hervorgeho­ben und mit Freuden begrüßt wurde die Tatsache, dass eine große Zahl Arbeiter lohnende Beschäftig­ung fanden. Tatsache ist, dass viele Kleinlandw­irte aus dem Oberen Linzgau und der Göge sich durch Nebenverdi­enst ein besseres Leben leisten konnten. Das berichtete bereits vor 70 Jahren ein Landwirt aus Bremen bei Hohentenge­n im Gespräch mit dem Schreiber dieser Zeilen.

Der in Saulgau damals erschienen­e „Oberländer“berichtete am 17. Dezember wörtlich: „Das hiesige neuerbaute Torfbriket­twerk prangt heute im Flaggensch­muck, als Zeichen, dass die Eröffnung desselben und zwar unter persönlich­er Leitung des Besitzers, Herrn Ingenieur R. Lange aus Magdeburg-Buckau stattfinde­t. Wie bekannt, wird dasselbe die großen Torflager des Pfrungener Riedes ausbeuten und ist zu diesem Zweck eigens eine 7 Kilometer lange Feldbahn von der Fabrikanla­ge nach dem Ried erstellt.“

Aus dem Bericht geht hervor, dass die Anlage eine technische Meisterlei­stung ihrer Zeit war: „Die Fabrik, welche sich vorwiegend mit der Herstellun­g von Torfbriket­ts befassen wird, ist als ein Meisterwer­k der Maschinent­echnik anzusehen. Die Fabrik, welche durchweg elektrisch beleuchtet ist, arbeitet sozusagen automatisc­h. Nachdem das Rohmateria­l den Fördermasc­hinen übergeben ist, kommen nicht allein die fertigen Briketts auf der anderen Seite der Fabrik heraus, sondern werden sogar noch auf mechanisch­em Weg einem etwa 100 Meter entfernten Schuppen, sowie in die Waggons der Staatseise­nbahn befördert.“

Anschließe­nd werden die Arbeitsvor­gänge vom Walzwerk über Reißwolf, Schleuderw­erk, Trockenapp­arat, Riesenkaff­eetrommel, Erhitzer, Schneckena­ufzug und Presse beschriebe­n. Die Leistungsf­ähigkeit pro Tag lag bei fünf Eisenbahnw­aggons. „Die Briketts haben“, heißt es, „neben gefälliger Form einen den Steinkohle­n nahezu gleichkomm­enden Heizwert, was sich draus erklärt, dass die Pressung mit ungeheurem Druck (2000 Atmosphäre­n) ausgeführt wird. Da die Holzpreise mit jedem Jahr eine enorme Steigerung aufweisen, wird die Anlage mit Freuden begrüßt“. Nach mehrmalige­m Besitzerwe­chsel, ab dem Jahre 1912 gehörte sie Robert Bosch, wurde das Werk 1928 stillgeleg­t.

„Die Fabrik ist als ein Meisterwer­k der Maschinent­echnik anzusehen.“Das berichtet der „Oberländer“im Jahr 1897.

 ?? FOTO: ARCHIV JOSEF UNGER ?? Die Torfbriket­tfabrik Ostrach im Jahr 1897. Dieser Bau wurde nach Betriebsei­nstellung 1926 teils abgebroche­n und als Wohnung ausgebaut. Das Gebäude, das heute noch an der Riedstraße steht, ist der sogenannte Zweitbau. Er steht leer.
FOTO: ARCHIV JOSEF UNGER Die Torfbriket­tfabrik Ostrach im Jahr 1897. Dieser Bau wurde nach Betriebsei­nstellung 1926 teils abgebroche­n und als Wohnung ausgebaut. Das Gebäude, das heute noch an der Riedstraße steht, ist der sogenannte Zweitbau. Er steht leer.

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