Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Beim Rasenmähen wird ein totes Baby gefunden
23-Jährige bringt bei einem Hof in Rulfingen eine Tochter zur Welt und soll sie im Anschluss umgebracht haben
MENGEN - Die Nachricht, die in diesem Jahr in Mengen und der Region zuerst ganz viel Entsetzen und später Unverständnis ausgelöst hat, ist der Fund eines toten Säuglings in Rulfingen. Erst nach und nach ergeben die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft, dass das Kind von seiner eigenen Mutter offenbar direkt nach der Geburt getötet worden ist. Die 23-jährige Frau aus dem Landkreis Konstanz muss sich derzeit wegen Mordes aus niederen Beweggründen vor dem Landgericht Ravensburg verantworten. Das Urteil wird im Januar erwartet.
Hochschwanger war die 23-Jährige am späten Abend des 24. Mai dieses Jahres unterwegs. Gemeinsam mit ihrem 22-jährigen Freund und einem befreundeten Pärchen (28 und 29 Jahre) befand sie sich auf der Heimfahrt von einer Urlaubsreise in Österreich, als sie von den Wehen überrascht wurde. Bei einem Hof in Rulfingen wurde eine Pause eingelegt. Beide Autos hielten dort an. Den Aussagen der Frau zufolge will sie ihr Kind in der Nähe allein zur Welt gebracht, keine Hilfe von den anderen genommen haben. Danach soll sie dem Mädchen Papiertücher in den Mund gestopft und es auf freiem Gelände zwischen Strohballen hilf- und schutzlos zurückgelassen haben. Laut Obduktionsbericht erstickte der Säugling kurz darauf.
Hinweis stammt aus dem Umfeld
Drei Tage später wurde das tote Baby entdeckt und die Fahndung nach der Mutter aufgenommen. Polizei und Staatsanwaltschaft entschieden sich, die genaue Adresse des Fundorts und das Foto einer am Tatort zurückgelassenen blutverschmierten Hose zu veröffentlichen. Daraufhin ging ein entscheidender Hinweis ein, der von einem der Begleiter der 23-Jährigen stammte. Die Frau konnte so in einem Krankenhaus ausfindig gemacht werden, in das sie sich später selbst eingewiesen hatte. Schon bei den Vernehmungen hatte die 23-Jährige ihre Tat eingeräumt. Sie habe aus Angst und Panik gehandelt, um ihre Beziehung und ihre Arbeitsstelle gebangt. Ihrem kompletten Umfeld will sie die Schwangerschaft verheimlicht haben. Die Frau wird in Untersuchungshaft genommen, später Mordanklage erhoben. Die Staatsanwaltschaft geht in der Anklage vom Vorliegen des Mordmerkmales der niedrigen Beweggründe aus. Das Kind habe nicht in die Lebensplanung der Frau gepasst.
Während der ersten Verhandlungstage vor dem Ravensburger Landgericht wird deutlich, dass die 23-Jährige ihre Schwangerschaft kaum jemanden hat verheimlichen können. Ihr Arbeitgeber hat laut eigenen Aussagen mehrfach signalisiert, dass sie ihren Job nicht verlieren werde, Bekannte ihr Hilfe angeboten. Auf die Schwangerschaft angesprochen, soll sie diese bis zum Schluss stets geleugnet und sogar weiter geraucht und Alkohol getrunken haben. Ihrem Freund soll sie eine Geschichte über eine Zyste erzählt haben, die ihren Bauch so hat anschwellen lassen. Diese hat der Freund dann weitergetragen, ob er sie selbst geglaubt hat, erfährt das Gericht nicht. Der 22-Jährige ist seit Kurzem mit der Angeklagten verlobt und macht von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
In Briefen, die die Angeklagte aus der Haft an ihren Verlobten schreibt, ist von einem Tattoo die Rede, dass sie sich als Erinnerung an ihr totes Kind stechen lassen möchte. Als Neuanfang. Es soll das Datum des Tattages tragen und den Spruch „Ein Engel fliegt zum Himmel“.
Inwiefern er und die beiden anderen Begleiter am Tatabend etwas von der Geburt mitbekommen haben, ist Gegenstand weiterer Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung. Aufschlussreich wird auch das psychologische Gutachten der Angeklagten sein.