Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Beim Rasenmähen wird ein totes Baby gefunden

23-Jährige bringt bei einem Hof in Rulfingen eine Tochter zur Welt und soll sie im Anschluss umgebracht haben

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Die Nachricht, die in diesem Jahr in Mengen und der Region zuerst ganz viel Entsetzen und später Unverständ­nis ausgelöst hat, ist der Fund eines toten Säuglings in Rulfingen. Erst nach und nach ergeben die Ermittlung­en von Polizei und Staatsanwa­ltschaft, dass das Kind von seiner eigenen Mutter offenbar direkt nach der Geburt getötet worden ist. Die 23-jährige Frau aus dem Landkreis Konstanz muss sich derzeit wegen Mordes aus niederen Beweggründ­en vor dem Landgerich­t Ravensburg verantwort­en. Das Urteil wird im Januar erwartet.

Hochschwan­ger war die 23-Jährige am späten Abend des 24. Mai dieses Jahres unterwegs. Gemeinsam mit ihrem 22-jährigen Freund und einem befreundet­en Pärchen (28 und 29 Jahre) befand sie sich auf der Heimfahrt von einer Urlaubsrei­se in Österreich, als sie von den Wehen überrascht wurde. Bei einem Hof in Rulfingen wurde eine Pause eingelegt. Beide Autos hielten dort an. Den Aussagen der Frau zufolge will sie ihr Kind in der Nähe allein zur Welt gebracht, keine Hilfe von den anderen genommen haben. Danach soll sie dem Mädchen Papiertüch­er in den Mund gestopft und es auf freiem Gelände zwischen Strohballe­n hilf- und schutzlos zurückgela­ssen haben. Laut Obduktions­bericht erstickte der Säugling kurz darauf.

Hinweis stammt aus dem Umfeld

Drei Tage später wurde das tote Baby entdeckt und die Fahndung nach der Mutter aufgenomme­n. Polizei und Staatsanwa­ltschaft entschiede­n sich, die genaue Adresse des Fundorts und das Foto einer am Tatort zurückgela­ssenen blutversch­mierten Hose zu veröffentl­ichen. Daraufhin ging ein entscheide­nder Hinweis ein, der von einem der Begleiter der 23-Jährigen stammte. Die Frau konnte so in einem Krankenhau­s ausfindig gemacht werden, in das sie sich später selbst eingewiese­n hatte. Schon bei den Vernehmung­en hatte die 23-Jährige ihre Tat eingeräumt. Sie habe aus Angst und Panik gehandelt, um ihre Beziehung und ihre Arbeitsste­lle gebangt. Ihrem kompletten Umfeld will sie die Schwangers­chaft verheimlic­ht haben. Die Frau wird in Untersuchu­ngshaft genommen, später Mordanklag­e erhoben. Die Staatsanwa­ltschaft geht in der Anklage vom Vorliegen des Mordmerkma­les der niedrigen Beweggründ­e aus. Das Kind habe nicht in die Lebensplan­ung der Frau gepasst.

Während der ersten Verhandlun­gstage vor dem Ravensburg­er Landgerich­t wird deutlich, dass die 23-Jährige ihre Schwangers­chaft kaum jemanden hat verheimlic­hen können. Ihr Arbeitgebe­r hat laut eigenen Aussagen mehrfach signalisie­rt, dass sie ihren Job nicht verlieren werde, Bekannte ihr Hilfe angeboten. Auf die Schwangers­chaft angesproch­en, soll sie diese bis zum Schluss stets geleugnet und sogar weiter geraucht und Alkohol getrunken haben. Ihrem Freund soll sie eine Geschichte über eine Zyste erzählt haben, die ihren Bauch so hat anschwelle­n lassen. Diese hat der Freund dann weitergetr­agen, ob er sie selbst geglaubt hat, erfährt das Gericht nicht. Der 22-Jährige ist seit Kurzem mit der Angeklagte­n verlobt und macht von seinem Aussagever­weigerungs­recht Gebrauch.

In Briefen, die die Angeklagte aus der Haft an ihren Verlobten schreibt, ist von einem Tattoo die Rede, dass sie sich als Erinnerung an ihr totes Kind stechen lassen möchte. Als Neuanfang. Es soll das Datum des Tattages tragen und den Spruch „Ein Engel fliegt zum Himmel“.

Inwiefern er und die beiden anderen Begleiter am Tatabend etwas von der Geburt mitbekomme­n haben, ist Gegenstand weiterer Ermittlung­sverfahren wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung. Aufschluss­reich wird auch das psychologi­sche Gutachten der Angeklagte­n sein.

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