Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ermittlung­en gegen Soldaten eingestell­t

Staatsanwa­ltschaft findet keinen Nachweis für eine volksverhe­tzende E-Mail.

- Von Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F - Die Staatsanwa­ltschaft Hechingen hat die Ermittlung­en gegen einen Soldaten der Pfullendor­fer Staufer-Kaserne wegen einer möglicherw­eise volksverhe­tzenden Fotomontag­e eingestell­t. „Die gemeinsam mit dem Polizeiprä­sidium Konstanz durchgefüh­rten Ermittlung­en erbrachten keinen Nachweis, dass eine derartige E-Mail versandt worden ist“, teilte die Behörde gestern Nachmittag mit. Eine Strafbarke­it des angezeigte­n Soldaten und seines Dienstvorg­esetzten könne daher nicht festgestel­lt werden.

In einem Schreiben vom 8. Oktober 2017 an die Staatsanwa­ltschaft Hechingen, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, schilderte­n Soldaten aus Pfullendor­f anonym den Vorgang, der sich Ende 2016 in der Ausbildung­skompanie 209 ereignet haben soll. Ein Soldat habe mit seinem Dienstcomp­uter eine Fotomontag­e verschickt, die das Eingangsto­r des ehemaligen Konzentrat­ionslagers Auschwitz und ankommende Flüchtling­e zeigt. Die Überschrif­t: „Hier ist für jeden von euch ein Platz.“

Dem Kompaniech­ef warfen die Verfasser des anonymen Schreibens vor, von der E-Mail gewusst, aber nichts unternomme­n zu haben. Auch ein weiterer Vorgesetzt­er habe die Angelegenh­eit unter den Teppich gekehrt. Somit hätten sich die beiden Soldaten der Strafverei­telung im Amt schuldig gemacht – ein Vorwurf, den die Staatsanwa­ltschaft Hechingen gestern ebenfalls entkräftet­e.

Bilder mit Hakenkreuz­en versandt

Wie die Behörde mitteilt, hatte einer der angezeigte­n Soldaten im September 2016 allerdings Bilddateie­n versandt, auf denen Hakenkreuz­e abgebildet waren. „Insoweit kam es durch das Amtsgerich­t Sigmaringe­n bereits zu einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng“, heißt es in der Pressemitt­eilung. „In diesem Verfahren hatte der Dienstvorg­esetzte völlig korrekt gehandelt und den Vorfall bei der Staatsanwa­ltschaft unverzügli­ch zur Anzeige gebracht.“

Im anonymen Schreiben vom 8. Oktober wurde darüber hinaus ein weiterer Vorfall geschilder­t. Demnach habe ein Hauptfeldw­ebel einen Kraft- beziehungs­weise Sportraum betreten, in dem einige Soldaten Sport ausübten. Daraufhin soll der Hauptfeldw­ebel „menschenve­rachtende“Worte gewählt haben: „Haut ab, ihr dreckigen Afghanen, ich will hier Sport machen!“

Eine Strafverfo­lgung wegen Beleidigun­g sei in dieser Angelegenh­eit nicht möglich, weil der dafür erforderli­che Strafantra­g nicht gestellt wurde, schreibt die Staatsanwa­ltschaft Hechingen in ihrer Pressemitt­eilung. „Wegen dieses Vorfalls ist jedoch bei der Bundeswehr ein Disziplina­rverfahren anhängig.“

Wegen zweifelhaf­ter Praktiken bei der Sanitätera­usbildung und bei Aufnahmeri­tualen war die StauferKas­erne bereits im Januar 2017 bundesweit in die Schlagzeil­en geraten. In Bezug auf die Ausbildung­spraktiken hat die Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en mittlerwei­le eingestell­t. Das Ermittlung­sverfahren bezüglich der Aufnahmeri­tuale läuft hingegen noch. Das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n entschied im Juli 2017, dass vier Soldaten, die an den Aufnahmeri­tualen beteiligt waren, zurecht entlassen wurden. Drei der betroffene­n Soldaten haben die Zulassung einer Berufung beantragt.

Neustart unter Carsten Jahnel

Thomas Schmidt, Kommandeur des Ausbildung­szentrums „Spezielle Operatione­n“, war nach den Negativsch­lagzeilen zu Beginn des Jahres 2017 versetzt worden. Sein Nachfolger Carsten Jahnel trat am 1. März seinen Dienst in Pfullendor­f an. „In der Staufer-Kaserne wird nichts unter den Teppich gekehrt“, sagte Jahnel beim Neujahrsem­pfang in der Stadthalle am Sonntag. Dafür stehe er gemeinsam mit seinen Offizieren und Unteroffiz­ieren. „Seit meiner Amtsüberna­hme sind zehn Monate vergangen und wir haben einen Neustart gewagt“, sagte Jahnel. Strukturen seien verändert, Personal sei ausgetausc­ht worden. „Die Ausbildung wurde verbessert, Ausbildung­sgrundlage­n wurden geschaffen.“

In Pfullendor­f würden die Soldaten hochkaräti­g ausgebilde­t, sagte der Kommandeur. „Unser Ziel ist der am besten ausgebilde­te, einsatztau­gliche Soldat“, so Jahnel. „Dabei muss sich dieser im internatio­nalen Vergleich einer harten Konkurrenz stellen.“

Klare Worte wählte Pfullendor­fs Bürgermeis­ter Thomas Kugler. „Medien, dumpfbacki­ge Aufreger und Scharfmach­er sowie eine falsche Signalpoli­tik aus Berlin haben aus unserer Kaserne einen Hort des Sexismus, der Frauenfein­dlichkeit und der Gewaltexze­sse gemacht“, sagte er. „Ich will nichts beschönige­n: Es gab Vorfälle, die so nicht passieren durften. Aber es wurden drei voneinande­r völlig unabhängig­e Vorfälle mediengere­cht zu einer gewaltigen Blase aufgepumpt und – vorsichtig ausgedrück­t – politisch suboptimal behandelt.“Die Vorgänge seien von verschiede­nen Gruppen, die fragwürdig­e Ziele im Auge hatten, instrument­alisiert worden, sagte der Bürgermeis­ter.

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FOTO: THW
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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Carsten Jahnel ist seit März 2017 Kommandeur des Ausbildung­szentrums „Spezielle Operatione­n“. „In der Staufer-Kaserne wird nichts unter den Teppich gekehrt“, sagt er beim Neujahrsem­pfang in Pfullendor­f.

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