Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ermittlungen gegen Soldaten eingestellt
Staatsanwaltschaft findet keinen Nachweis für eine volksverhetzende E-Mail.
PFULLENDORF - Die Staatsanwaltschaft Hechingen hat die Ermittlungen gegen einen Soldaten der Pfullendorfer Staufer-Kaserne wegen einer möglicherweise volksverhetzenden Fotomontage eingestellt. „Die gemeinsam mit dem Polizeipräsidium Konstanz durchgeführten Ermittlungen erbrachten keinen Nachweis, dass eine derartige E-Mail versandt worden ist“, teilte die Behörde gestern Nachmittag mit. Eine Strafbarkeit des angezeigten Soldaten und seines Dienstvorgesetzten könne daher nicht festgestellt werden.
In einem Schreiben vom 8. Oktober 2017 an die Staatsanwaltschaft Hechingen, das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, schilderten Soldaten aus Pfullendorf anonym den Vorgang, der sich Ende 2016 in der Ausbildungskompanie 209 ereignet haben soll. Ein Soldat habe mit seinem Dienstcomputer eine Fotomontage verschickt, die das Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz und ankommende Flüchtlinge zeigt. Die Überschrift: „Hier ist für jeden von euch ein Platz.“
Dem Kompaniechef warfen die Verfasser des anonymen Schreibens vor, von der E-Mail gewusst, aber nichts unternommen zu haben. Auch ein weiterer Vorgesetzter habe die Angelegenheit unter den Teppich gekehrt. Somit hätten sich die beiden Soldaten der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht – ein Vorwurf, den die Staatsanwaltschaft Hechingen gestern ebenfalls entkräftete.
Bilder mit Hakenkreuzen versandt
Wie die Behörde mitteilt, hatte einer der angezeigten Soldaten im September 2016 allerdings Bilddateien versandt, auf denen Hakenkreuze abgebildet waren. „Insoweit kam es durch das Amtsgericht Sigmaringen bereits zu einer rechtskräftigen Verurteilung“, heißt es in der Pressemitteilung. „In diesem Verfahren hatte der Dienstvorgesetzte völlig korrekt gehandelt und den Vorfall bei der Staatsanwaltschaft unverzüglich zur Anzeige gebracht.“
Im anonymen Schreiben vom 8. Oktober wurde darüber hinaus ein weiterer Vorfall geschildert. Demnach habe ein Hauptfeldwebel einen Kraft- beziehungsweise Sportraum betreten, in dem einige Soldaten Sport ausübten. Daraufhin soll der Hauptfeldwebel „menschenverachtende“Worte gewählt haben: „Haut ab, ihr dreckigen Afghanen, ich will hier Sport machen!“
Eine Strafverfolgung wegen Beleidigung sei in dieser Angelegenheit nicht möglich, weil der dafür erforderliche Strafantrag nicht gestellt wurde, schreibt die Staatsanwaltschaft Hechingen in ihrer Pressemitteilung. „Wegen dieses Vorfalls ist jedoch bei der Bundeswehr ein Disziplinarverfahren anhängig.“
Wegen zweifelhafter Praktiken bei der Sanitäterausbildung und bei Aufnahmeritualen war die StauferKaserne bereits im Januar 2017 bundesweit in die Schlagzeilen geraten. In Bezug auf die Ausbildungspraktiken hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen mittlerweile eingestellt. Das Ermittlungsverfahren bezüglich der Aufnahmerituale läuft hingegen noch. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen entschied im Juli 2017, dass vier Soldaten, die an den Aufnahmeritualen beteiligt waren, zurecht entlassen wurden. Drei der betroffenen Soldaten haben die Zulassung einer Berufung beantragt.
Neustart unter Carsten Jahnel
Thomas Schmidt, Kommandeur des Ausbildungszentrums „Spezielle Operationen“, war nach den Negativschlagzeilen zu Beginn des Jahres 2017 versetzt worden. Sein Nachfolger Carsten Jahnel trat am 1. März seinen Dienst in Pfullendorf an. „In der Staufer-Kaserne wird nichts unter den Teppich gekehrt“, sagte Jahnel beim Neujahrsempfang in der Stadthalle am Sonntag. Dafür stehe er gemeinsam mit seinen Offizieren und Unteroffizieren. „Seit meiner Amtsübernahme sind zehn Monate vergangen und wir haben einen Neustart gewagt“, sagte Jahnel. Strukturen seien verändert, Personal sei ausgetauscht worden. „Die Ausbildung wurde verbessert, Ausbildungsgrundlagen wurden geschaffen.“
In Pfullendorf würden die Soldaten hochkarätig ausgebildet, sagte der Kommandeur. „Unser Ziel ist der am besten ausgebildete, einsatztaugliche Soldat“, so Jahnel. „Dabei muss sich dieser im internationalen Vergleich einer harten Konkurrenz stellen.“
Klare Worte wählte Pfullendorfs Bürgermeister Thomas Kugler. „Medien, dumpfbackige Aufreger und Scharfmacher sowie eine falsche Signalpolitik aus Berlin haben aus unserer Kaserne einen Hort des Sexismus, der Frauenfeindlichkeit und der Gewaltexzesse gemacht“, sagte er. „Ich will nichts beschönigen: Es gab Vorfälle, die so nicht passieren durften. Aber es wurden drei voneinander völlig unabhängige Vorfälle mediengerecht zu einer gewaltigen Blase aufgepumpt und – vorsichtig ausgedrückt – politisch suboptimal behandelt.“Die Vorgänge seien von verschiedenen Gruppen, die fragwürdige Ziele im Auge hatten, instrumentalisiert worden, sagte der Bürgermeister.