Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Süchtiger muss ins Gefängnis und zum Entzug
Landgericht verhängt fünfeinhalb Jahre Haft für 22-jährigen ehemaligen Bundeswehrsoldaten
WEINGARTEN - Eine Haftstrafe von insgesamt fünf Jahren und sechs Monaten hat das Landgericht Ravensburg gegen einen 22-jährigen ehemaligen Bundeswehrsoldaten aus Weingarten verhängt. Während dieser Haftzeit muss er sich in einem zweijährigen Regelvollzug einer zweijährigen Therapie unterziehen, um von seiner Kokainabhängigkeit wegzukommen. Wenn er den Drogenentzug erfolgreich durchsteht, kann er vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Mit diesem Urteil ahndete das Gericht zwei Straftaten vom April und Juli 2017.
Im April war der Angeklagte bei einer Verkehrskontrolle durch Zollbeamte bei Überlingen nach einem Drogeneinkauf in Stuttgart aufgefallen. Dabei hatten die Beamten in diversen Verstecken nicht nur rund 90 Gramm Kokain und kleinere Mengen Marihuana entdeckt, sondern im Handschuhfach des Wagens auch eine geladene Schreckschusspistole gefunden.
Zu diesem Drogenkauf hatte sich der junge Mann von einem nichts ahnenden Freund in dessen Wagen fahren lassen. Ihm hatte er gesagt, er wolle in Stuttgart von einem privaten Anbieter ein Auto kaufen. Der Wagen habe ihm allerdings nicht gefallen. Bereits ein halbes Jahr vor diesem Vorfall häuften sich die Krankmeldungen des jungen Soldaten. Danach blieb er immer öfter auch unentschuldigt dem Dienst fern. Daher entschlossen sich seine Vorgesetzten im Juli, ihn mit Feldjägern von seiner Wohnung in Weingarten zur Kaserne in Donaueschingen bringen zu lassen. Dazu kam es allerdings nicht; denn als die mit polizeilicher Verstärkung angerückten Feldjäger die Wohnung betraten, schlug ihnen ein deutlicher Geruch von Marihuana entgegen. Bei einer Durchsuchung der Wohnung fand die Polizei so große Mengen an Kokain, Amphetaminen und Marihuana, dass der Soldat umgehend festgenommen wurde. Er sitzt seither in Untersuchungshaft in StuttgartStammheim und wurde zwischenzeitlich unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen.
Laut Anklage hatte der junge Mann im April 2017 knapp 90 Gramm Kokain gekauft und danach eine kleine Menge davon bereits konsumiert. Weitere rund 350 Gramm Kokain sowie jeweils ein knappes Kilo Amphetamine und Marihuana hatte er im Juli in seiner Wohnung gebunkert. Daraus und aus dem auf dem Smartphone des Angeklagten gefundenen Chatverlauf zog die Staatsanwältin Mona Düffert den Schluss, dass die Drogen größtenteils für den Weiterverkauf bestimmt gewesen sind. Die Chatverläufe wiesen sowohl auf Lieferanten als auch auf Abnehmer des Stoffs hin. Eindeutige Beweise dafür, dass der Angeklagte selbst damit handeln wollte, sahen aber weder der Verteidiger Daniel Mahler noch die Gerichtskammer. Daher fiel die Gesamtstrafe deutlich geringer aus als die von der Anklägerin beantragten sieben Jahre und sechs Monate. Der Verteidiger hatte hingegen auf zwei Jahre und elf Monate plädiert. Geahndet wurden der Erwerb und Besitz von Drogen in erheblichen Mengen sowie die Beihilfe zum Handel mit illegalen Suchtmitteln.
Schwer tat sich die Kammer nach den Worten ihres Vorsitzenden Franz Bernhard bei ihrer Strafzumessung mit der Tatsache, dass der Angeklagte zu seinem Drogeneinkauf eine geladene Schreckschusspistole mitgenommen hatte. Das Landeskriminalamt stufte sie in seinem Gutachten als gefährliche Waffe ein. Aus kurzer Distanz abgefeuert, könne sie schwere bis tödliche Verletzungen hervorrufen. Daher sieht der Gesetzgeber für das Mitführen einer solchen Waffe eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft vor. In einem minder schweren Fall kann diese Strafe allerdings bis auf sechs Monate reduziert werden. Das Gericht ging hier, so Bernhard, von einem „gerade noch minder schweren Fall“aus und setzte für dieses Delikt ein Jahr Haft an.
Angeklagter ist schwer kokainabhängig
Die Sachverständige Kerstin Schwarz kam aus den Zeugenaussagen und ihrer Exploration mit dem Angeklagten zu dem Schluss, dass der 22-Jährige seit mehreren Jahren schwer kokainabhängig ist. Die Erfolgsaussichten eines stationären Entzugs bewertete sie überwiegend positiv. Der Angeklagte sei in vollem Umfang schuldfähig und durchschnittlich intelligent. Trotz einer Rückfallquote von rund 60 Prozent hielt auch das Gericht in diesem Fall eine Therapie im Regelvollzug für angebracht. „Das wird allerdings harte Arbeit für Sie“, ermahnte Richter Bernhard den Angeklagten. Dieser versprach in seinem Schlusswort, alles zu tun, um künftig ein drogenund straffreies Leben führen zu können.