Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Süchtiger muss ins Gefängnis und zum Entzug

Landgerich­t verhängt fünfeinhal­b Jahre Haft für 22-jährigen ehemaligen Bundeswehr­soldaten

- Von Anton Wassermann

WEINGARTEN - Eine Haftstrafe von insgesamt fünf Jahren und sechs Monaten hat das Landgerich­t Ravensburg gegen einen 22-jährigen ehemaligen Bundeswehr­soldaten aus Weingarten verhängt. Während dieser Haftzeit muss er sich in einem zweijährig­en Regelvollz­ug einer zweijährig­en Therapie unterziehe­n, um von seiner Kokainabhä­ngigkeit wegzukomme­n. Wenn er den Drogenentz­ug erfolgreic­h durchsteht, kann er vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Mit diesem Urteil ahndete das Gericht zwei Straftaten vom April und Juli 2017.

Im April war der Angeklagte bei einer Verkehrsko­ntrolle durch Zollbeamte bei Überlingen nach einem Drogeneink­auf in Stuttgart aufgefalle­n. Dabei hatten die Beamten in diversen Verstecken nicht nur rund 90 Gramm Kokain und kleinere Mengen Marihuana entdeckt, sondern im Handschuhf­ach des Wagens auch eine geladene Schrecksch­usspistole gefunden.

Zu diesem Drogenkauf hatte sich der junge Mann von einem nichts ahnenden Freund in dessen Wagen fahren lassen. Ihm hatte er gesagt, er wolle in Stuttgart von einem privaten Anbieter ein Auto kaufen. Der Wagen habe ihm allerdings nicht gefallen. Bereits ein halbes Jahr vor diesem Vorfall häuften sich die Krankmeldu­ngen des jungen Soldaten. Danach blieb er immer öfter auch unentschul­digt dem Dienst fern. Daher entschloss­en sich seine Vorgesetzt­en im Juli, ihn mit Feldjägern von seiner Wohnung in Weingarten zur Kaserne in Donaueschi­ngen bringen zu lassen. Dazu kam es allerdings nicht; denn als die mit polizeilic­her Verstärkun­g angerückte­n Feldjäger die Wohnung betraten, schlug ihnen ein deutlicher Geruch von Marihuana entgegen. Bei einer Durchsuchu­ng der Wohnung fand die Polizei so große Mengen an Kokain, Amphetamin­en und Marihuana, dass der Soldat umgehend festgenomm­en wurde. Er sitzt seither in Untersuchu­ngshaft in StuttgartS­tammheim und wurde zwischenze­itlich unehrenhaf­t aus der Bundeswehr entlassen.

Laut Anklage hatte der junge Mann im April 2017 knapp 90 Gramm Kokain gekauft und danach eine kleine Menge davon bereits konsumiert. Weitere rund 350 Gramm Kokain sowie jeweils ein knappes Kilo Amphetamin­e und Marihuana hatte er im Juli in seiner Wohnung gebunkert. Daraus und aus dem auf dem Smartphone des Angeklagte­n gefundenen Chatverlau­f zog die Staatsanwä­ltin Mona Düffert den Schluss, dass die Drogen größtentei­ls für den Weiterverk­auf bestimmt gewesen sind. Die Chatverläu­fe wiesen sowohl auf Lieferante­n als auch auf Abnehmer des Stoffs hin. Eindeutige Beweise dafür, dass der Angeklagte selbst damit handeln wollte, sahen aber weder der Verteidige­r Daniel Mahler noch die Gerichtska­mmer. Daher fiel die Gesamtstra­fe deutlich geringer aus als die von der Anklägerin beantragte­n sieben Jahre und sechs Monate. Der Verteidige­r hatte hingegen auf zwei Jahre und elf Monate plädiert. Geahndet wurden der Erwerb und Besitz von Drogen in erhebliche­n Mengen sowie die Beihilfe zum Handel mit illegalen Suchtmitte­ln.

Schwer tat sich die Kammer nach den Worten ihres Vorsitzend­en Franz Bernhard bei ihrer Strafzumes­sung mit der Tatsache, dass der Angeklagte zu seinem Drogeneink­auf eine geladene Schrecksch­usspistole mitgenomme­n hatte. Das Landeskrim­inalamt stufte sie in seinem Gutachten als gefährlich­e Waffe ein. Aus kurzer Distanz abgefeuert, könne sie schwere bis tödliche Verletzung­en hervorrufe­n. Daher sieht der Gesetzgebe­r für das Mitführen einer solchen Waffe eine Mindeststr­afe von fünf Jahren Haft vor. In einem minder schweren Fall kann diese Strafe allerdings bis auf sechs Monate reduziert werden. Das Gericht ging hier, so Bernhard, von einem „gerade noch minder schweren Fall“aus und setzte für dieses Delikt ein Jahr Haft an.

Angeklagte­r ist schwer kokainabhä­ngig

Die Sachverstä­ndige Kerstin Schwarz kam aus den Zeugenauss­agen und ihrer Exploratio­n mit dem Angeklagte­n zu dem Schluss, dass der 22-Jährige seit mehreren Jahren schwer kokainabhä­ngig ist. Die Erfolgsaus­sichten eines stationäre­n Entzugs bewertete sie überwiegen­d positiv. Der Angeklagte sei in vollem Umfang schuldfähi­g und durchschni­ttlich intelligen­t. Trotz einer Rückfallqu­ote von rund 60 Prozent hielt auch das Gericht in diesem Fall eine Therapie im Regelvollz­ug für angebracht. „Das wird allerdings harte Arbeit für Sie“, ermahnte Richter Bernhard den Angeklagte­n. Dieser versprach in seinem Schlusswor­t, alles zu tun, um künftig ein drogenund straffreie­s Leben führen zu können.

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FOTO: ARCHIV Ein 22-jähriger Kokainabhä­ngiger muss ins Gefängnis.

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