Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Hans-Ulrich Jörges rechnet mit neuer Großer Koalition
Journalist spricht beim Neujahrsempfang in Pfullendorf
PFULLENDORF (SeK) - Hans-Ulrich Jörges, von 2007 bis 2017 Mitglied der Chefredaktion des Nachrichtenmagazins „Stern“, hat beim Neujahrsempfang am Sonntag in Pfullendorf über das Jahr 2018 als „Jahr der Krisen und Entscheidungen“gesprochen. Dabei ging er auf eine ganze Reihe möglicher bedeutender Entwicklungen ein, von denen er einige durchaus positiv bewertete.
Zuvor hatte Hans-Ulrich Jörges den Pfullendorfern ein Kompliment für ihre Stadt gemacht. Bei einem Rundgang war ihm unter anderem das gusseiserne Werbeschild am Schreibwarengeschäft Klaiber an der Hauptstraße aufgefallen. Die Stadtkirche St. Jakobus sei „hinreißend schön“, sagte der Journalist. Darüber hinaus äußerte er Lob dafür, dass am Neujahrsempfang auch die Bundeswehr und die syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde beteiligt sind.
Anschließend widmete sich Hans-Ulrich Jörges der Bundes- und der Weltpolitik. Er kritisierte das „begehbare Wahlprogramm“der CDU während des Bundestagswahlkampfs in Berlin und sagte eine weitere Große Koalition von SPD und CDU voraus. „Dass die Gespräche erfolgreich verlaufen, habe ich bei den Jamaika-Verhandlungen aber auch schon gesagt“, räumte er ein.
Ein differenziertes Bild zeichnete er vom SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Dieser habe im Europäischen Parlament in Brüssel „hervorragende“Arbeit geleistet, sagte Jörges. Mit Gerechtigkeit als zentralem Thema für den Bundestagswahlkampf habe er allerdings daneben gelegen. Schließlich habe die SPD von 1998 bis 2009 und von 2013 bis 2017 mit regiert und dabei lange Zeit das Arbeitsministerium besetzt.
Machtwechsel bei der CDU
Er glaube nicht, dass Angela Merkel volle weitere vier Jahre Bundeskanzlerin bleibe, sagte Hans-Ulrich Jörges. Ende 2018, bei den Wahlen zum CDU-Parteivorsitz, könne sich ein Machtwechsel anbahnen, bei dem die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer vermutlich eine maßgebliche Rolle spielen werde.
Die militärische Schwächung des Islamischen Staates führe dazu, dass syrische Flüchtlinge aus Deutschland in ihre Heimat zurückkehren werden. Die Halbzeitwahlen in den USA im November 2018 könnten Präsident Donald Trump bei einem guten Ergebnis für die Demokraten zu mehr Kooperation zwingen. Der Brexit sei angesichts eines möglichen zweiten Referendums noch keineswegs ausgemacht und die Türkei schlage allmählich vielleicht wieder einen europafreundlicheren Kurs ein. All das, sagte Hans-Ulrich Jörges, mache Hoffnung, dass sich 2018 einiges zum Guten wende.