Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Weil Kinder anders trauern

Neue und kostenlose Trauergrup­pe für Kinder startet im Februar – Anmeldung möglich

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Es sind Situatione­n, die auch Außenstehe­nden zu Herzen gehen: Wenn Kinder ein Elternteil oder ein Geschwiste­rkind durch eine Krankheit oder einen Unfall verlieren, sind Familien vor zahlreiche Herausford­erungen gestellt. Neben der Aufgabe, den Alltag neu zu strukturie­ren und gleichzeit­ig neuen Lebensmut zu schöpfen, bahnt sich die Trauer unerbittli­ch ihren Weg. „Kinder trauern anders“, sagt Dagmar Herold, Koordinato­rin beim ambulanten Kinder- und Jugendhosp­izdienst des Malteser Hilfsdiens­ts für den Kreis Sigmaringe­n. Sie hat zusammen mit anderen Helfern nun eine Trauergrup­pe für Kinder gegründet, die sich diesem Thema annimmt.

Am 2. Februar geht es los

Die Gruppe startet am 2. Februar um 15.30 Uhr und verfügt über zehn Plätze. An acht Nachmittag­en wird sich die Gruppe, die keinen therapeuti­schen Ansatz verfolgt, bei den Maltesern, Allee 9 in Sigmaringe­n, treffen. Willkommen sind Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Bei Bedarf wird auch eine Trauergrup­pe für Jugendlich­e eingericht­et.

„Kinder haben Leichtigke­it“

„Kinder trauern wie sie in Pfützen springen – sie springen rein und raus in die Trauer. Von der einen Minute auf die andere kann sich deren Stimmung verändern“, sagt Dagmar Herold. „Kinder haben aber diese Leichtigke­it, das ist sehr hilfreich.“Nicht immer verstünden Eltern das Verhalten ihres Kindes, fänden, das Kind trauere kaum. In anderen Fällen ziehe sich das Kind zurück – oder die Eltern versuchen es abzulenken, statt Trauer zuzulassen. Für jedes Kind, das trauert, ist das Angebot gedacht – egal, ob der Verlust schon einige Jahre zurücklieg­t, oder ob die Trauer noch frisch ist. Für die Gruppe gibt es bereits Interessen­ten, bis zum 15. Januar sind noch Anmeldunge­n möglich.

Ein vierköpfig­es Team, bestehend aus qualifizie­rten und weitergebi­ldeten Ehrenamtli­chen, wird die Gruppentre­ffen gestalten, darunter auch Gruppenlei­terin und Kindertrau­erbegleite­rin Kornelia Maas, die vor Jahren als Ehrenamtli­che zum ambulanten Kinder- und Jugendhosp­izdienst kam. Die Notwendigk­eit, dass es eine solche Gruppe geben musste, erkannten sie und ihre Kolleginne­n bei Familienbe­suchen in der sogenannte­n spezialisi­erten ambulanten Palliativv­ersorgung. Beim Gruppentre­ffen wird auf jeden, der möchte, individuel­l eingegange­n. Der kreative Umgang mit Trauer, beispielsw­eise beim Anmalen von Holzfigure­n fürs Grab, ist ebenso geplant wie Spaziergän­ge, Rituale sowie ein erlebnisor­ientiertes Trauerwoch­enende im Schwangau. „Wir werden zum Beispiel eine Erinnerung­s-Schatzkist­e basteln“, sagt Kornelia Maas. Alles, was die Stimmung erfordert, ist erlaubt. Jedem Gefühl, auch Wut, kann Raum gegeben werden. „Es darf natürlich auch gelacht werden“, sagt die Kindertrau­erbegleite­rin.

Besonders wertvoll sei der Erfahrungs­austausch zwischen den Kindern. „Wenn ein Kind, dessen Mutter vor Kurzem verstorben ist, sieht, wie ein anderes Kind, dessen Verlust schon ein paar Jahre zurücklieg­t, neuen Lebensmut gefasst hat und über den Tod reden kann, kann das sehr helfen “, erklärt Dagmar Herold. Der Austausch soll das Selbstvert­rauen der Kinder stärken, sich wieder auf ihre Gefühle verlassen zu können und ihnen zeigen, dass sie mit dem Erlebten nicht allein sind. „Trauer ist oft ein Tabuthema. Das wollen wir auflösen“, so Kornelia Maas.

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FOTO: ANNA-LENA BUCHMAIER Kornelia Maas (links) und Dagmar Herold bieten zusammen mit Ehrenamtli­chen eine Trauergrup­pe für Kinder an, für die es noch freie Plätze gibt und welche am 2. Februar startet.

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