Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Lüül fasst Beziehungskisten und Alltägliches in Worte
Konzert in der Alten Kirche in Rulfingen endet mit Zugaben und viel Applaus
RULFINGEN - Aus dem Leben gegriffene Themen haben die Songs von Lüül und seiner Band am Samstagabend in der Alten Kirche in Rulfingen bestimmt. Rund 80 Gäste konnten die sehr rhythmischen, schwungvollen, aber auch nachdenklichen, weltkritischen Texte von Lutz GrafUlbrich, genannt „Lüül“, mit seinen genialen Musikern live erleben. Voll in den Bann gezogen, klatschten und sangen die Gäste im Takt mit.
Lüül und seine Band, das sind an Geige, Bratsche, Flöte, Theremin und singender Säge Kerstin Kaernbach, an Akkordeon und Marimba Volker Rettmann oder einfach „Kruisko“, am Kontrabass Daniel Cordes und natürlich der Kopf der herausragenden Musikband Lüül mit bürgerlichem Namen Lutz Graf-Ulbrich an Gitarre, Banjo und Ukulele. Last but not least ist der Gesang der vier Ausnahmekünstler zu nennen, der aus jedem Song ein Kunstwerk macht. Das Publikum liebte die vier von der ersten Sekunde an.
„Falls euch kalt wird, hier vorne ist eine Tanzfläche“, so begrüßte der Singer und Songwriter seine Gäste ganz unkonventionell in dem etwas kühlen, ehemaligen Gotteshaus. „Komisch, man will immer ,liebe Gemeinde’ sagen“, setzte Lüül an und fragte laut ins Publikum, ob es nun eine evangelische oder katholische Kirche gewesen sei oder ob sogar der Pfarrer unter den Gästen sei. Im Handumdrehen hatte der Sänger die uneingeschränkte Aufmerksamkeit seiner Zuschauer.
Seit über fünfzig Jahren macht der 65-Jährige Musik, infiziert wurde er von der Musik der Beatles in den 1960er-Jahren. „Jaja, ich geb es zu, ich bin verliebt, verliebt in Du“, sang der gebürtige Berliner und startete damit sein Konzert mit Biss. Beziehungskisten, Zeitkritisches und Alltägliches wurde in Worte gefasst und mit ausdrucksstarker Musik in Szene gesetzt. Wenn das Publikum nicht im Takt klatschte, sang es mit. Die Atmosphäre war besonders, die Verbindung zwischen Zuhörern und Musikern hielt ununterbrochen und gab dem Konzert etwas Magisches.
Erlebnisse werden zu Liedern
Entscheidend dafür war wohl, dass in deutscher Sprache gesungen wurde, mit hier und da kleinen Spitzfindigkeiten und Wortspielen, die jeden fesselten. Stücke wie „Morgens in der U-Bahn“, „Draußen“, „Letzte Nacht“und „Mach das Leben schön“sangen die Akteure. Poesie wie auch Melancholie verzauberten die Zuhörerschaft. „Das nächste Lied habe ich für meine Frau geschrieben“, kündigte Lüül an und stimmte „Gut zu wissen“an. Viele Gäste schmunzelten über den Titel. Der Songwriter sang über seine Erlebnisse auf seinen Reisen nach Mexiko und Honduras, erzählte musikalisch über die „Party People“und die Wirtin aus der Poststation Borkum, die „rote Andrea“.
Das, was die Künstler der Band sangen, nahm man ihnen ab, authentische Texte über zwischenmenschliche Gefühle und Situationen. „Du musst noch dein Kebab bezahlen“, sang Komponist Lüül, der nach eigener Information im Stadtbezirk Berlin-Prenzlauer Berg zu Hause ist. So bunt wie die Hauptstadt Deutschlands waren auch die Genres, die die Musiker in ihren Stücken bedienten. Mal typisch deutsch, vertonte Texte von Erich Kästner, mal irischer Folk oder amerikanische Old-Time-Music. Die Ballade „West-Berlin“, eine Reminiszenz an das Berlin vor dem Mauerfall, setzte weitere Akzente. Das Publikum war hingerissen von dem zweistündigen Konzert, zollte viel Beifall und holte die Band weitere zwei Mal auf die Bühne.