Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Immer mehr Kunden wollen auf Plastik verzichten
Wer im Unverpackt-Laden „Heimatliebe“in Markdorf einkaufen will, muss eigene Gefäße mitbringen
MARKDORF - Seit Simone Keller ihren Unverpackt-Laden „Heimatliebe“im September 2016 an der Markdorfer Hauptstraße eröffnet hat, hat sich der Umsatz mehr als verdoppelt. Die Inhaberin führt das darauf zurück, dass immer mehr Menschen bewusster leben und einkaufen wollen. Aus ihrer Sicht gehört dazu auch der Verzicht auf Plastikverpackungen. Deshalb müssen Kunden, die im Unverpackt-Laden einkaufen, Behälter mitbringen, in die sie die Waren abfüllen.
Zum Angebot gehören nicht nur Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Mehl, Gewürze, Müsli, Essig, Öl, Obst und Gemüse. Auch Kosmetikprodukte, Cremes, Seifen und Waschmittel können dort aus großen Spendern abgefüllt werden. „In den ersten Wochen hatten wir viele Interessenten, die das einfach mal ausprobieren wollten“, sagt Simone Keller. Einige kamen kein zweites Mal, andere zählen inzwischen zu den Stammkunden von „Heimatliebe“. „Manche haben richtig darauf gewartet, dass solch ein Angebot geschaffen wird“, sagt sie. „Regelmäßig kommen auch Kunden von weiter her, zum Beispiel aus Bregenz oder Stockach.“Der Hauptteil stamme aber aus Markdorf, Bermatingen und der näheren Umgebung.
Kunden kaufen oft kleine Mengen
In der ersten Zeit gingen viele Kunden davon aus, dass sie sich im Unverpackt-Laden nur kleine Mengen leisten können. „Sie dachten, unsere Waren lägen im oberen Preissegment, aber das ist gar nicht so“, sagt Simone Keller. Kunden seien beispielsweise mit einigen Gramm Haselnüssen zur Kasse gekommen und hätten sich gewundert, dass sie dafür nur wenige Cent bezahlen müssen.
Eine weitere Hürde sei gewesen, dass Kunden nicht einschätzen konnten, was sie an Behältern zum Einkaufen mitbringen sollten. Das sei vor allem für Familien mit Kindern ein Problem, die größere Mengen benötigen. Doch mit der Zeit habe sich das eingespielt. „Viele Kunden haben ihre eigene Strategie entwickelt, was sie mitbringen können, damit sie nicht so schwer tragen müssen“, sagt Simone Keller.
Sie und ihre Mitarbeiter unterstützen ihre Kunden, wenn es ihnen möglich ist. „Sie können ihren Einkauf bei uns stehen lassen, während sie andere Erledigungen machen. Wir reichen ihn dann heraus, wenn sie durch die Hauptstraße fahren“, sagt Keller. Weil das Einkaufen im Unverpackt-Laden wegen des Abfüllens doch mehr Zeit in Anspruch nimmt als das Einkaufen im Supermarkt, hat die Inhaberin einen Einkaufsservice eingeführt. Dafür geben Kunden ihre leeren Gefäße ab, sodass die Mitarbeiter sie in einer ruhigen Minute auffüllen können. Später holen sie ihren Einkauf ab. „Das ist vor allem für Berufstätige geschickt, die nur kurz in ihrer Pause vorbeidüsen können“, sagt Keller.
Möglichst plastikfrei zu leben ist gar nicht so einfach. Das stellte Simone Keller schon vor der Eröffnung ihres Ladens fest. Zunächst musste sie Händler finden, die ihre Waren in großen Säcken liefern, statt alles in Plastik zu verpacken. Über bestehende Unverpackt-Läden in Stuttgart und München knüpfte sie die nötigen Kontakte. „Zum Teil sind die Lieferungen allerdings in Folie eingewickelt, damit sie beim Transport zusammenhalten“, sagt Simone Keller. Das funktioniere aber genauso gut mit Gummis, die wiederverwendbar sind. Wenn sie so etwas feststellt, spricht sie die Händler darauf an, um Veränderungen anzuregen.
Ohne Plastik geht es nicht
Keller selbst versucht, auch bei ihren privaten Einkäufen konsequent zu sein. Wenn sie Wurst oder Fleisch kauft, bringt sie Dosen mit, damit nicht alles in Folie eingepackt werden muss. „Man ist ein Exot, wenn man dem Metzger seine Dose über die Fleischtheke reicht“, sagt sie. „Inzwischen habe ich mich zwar daran gewöhnt, aber es wäre schön, wenn noch mehr Leute mitmachen würden.“Doch bei aller Mühe: Plastik komplett zu vermeiden ist auch für sie unmöglich. „Etwa, wenn man Lebensmittel einfriert“, sagt Keller. Ihre vierköpfige Familie und der Laden füllen übrigens gemeinsam etwa einen Gelben Sack pro Monat.
Für die Zukunft würde sie sich trotzdem wünschen, dass nicht mehr jeder Haushalt beliebig viele Gelbe Säcke zur Abholung an den Straßenrand stellen darf. Vor allem bei Getränken sei es einfach, von Plastikauf Glasflaschen umzusteigen. Darüber hinaus könne jeder ein bisschen darauf schauen, dass er nicht alles in Folien oder Plastiktüten einwickle. „Bienenwachstücher sind eine tolle Alternative, um Käse einzupacken, und schmiegen sich außerdem besser an als beschichtetes Papier“, sagt Simone Keller. Außerdem verwahre sie viele Lebensmittel in Gläsern und Schütten. Dass die Zahl der Kunden, die in ihrem Laden einkaufen, von Monat zu Monat steigt, ist für sie eine Bestätigung ihrer Arbeit.