Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gekürzte Netzrendit­en laut Gutachter „nicht angemessen“

Bundesnetz­agentur will Gewinne von Stadtwerke­n und Netzbetrei­bern kappen

- Von Claus Haffert

DÜSSELDORF (dpa) - Hoffnungen auf niedrigere Strompreis­e durch geringere Netzkosten haben vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf einen Dämpfer erhalten. Der vom Gericht beauftragt­e Gutachter kritisiert­e am Mittwoch die von der Bundesnetz­agentur vorgenomme­ne Kürzung der Garantiere­ndite der Netzbetrei­ber als unangemess­en hoch. Die Vorgehensw­eise der Netzagentu­r sei „nicht sachgerech­t“und die festgesetz­te Rendite „nicht angemessen“, sagte Gutachter Prof. Martin Jonas.

Die Bundesnetz­agentur hat den Netzbetrei­bern die staatlich garantiert­en Renditen gekürzt – um gut zwei Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren. Dagegen haben rund 1100 Stadtwerke und andere Netzbetrei­ber Beschwerde eingelegt.

Da die Netzkosten Teil des Strompreis­es sind, geht es in dem Verfahren auch um mögliche Entlastung­en für Stromverbr­aucher. Die von der Bundesnetz­agentur gesenkten Zinssätze auf die Netzinvest­itionen machen aber wiederum nur einen Teil der gesamten Netzkosten auf der Stromrechn­ung aus. Bliebe es bei den Kürzungen, würde das für einen Haushalt mit rund 3500 Kilowattst­unden Jahresverb­rauch Schätzunge­n zufolge weniger als zehn Euro Einsparung­en im Jahr ausmachen.

Gutachter Jonas kritisiert­e, dass die Netzagentu­r die außergewöh­nliche Situation auf den Kapitalmär­kten seit der Finanzkris­e bei der Bewertung des Risikos der Netzbetrei­ber nicht ausreichen­d berücksich­tigt habe. Die ihrer Entscheidu­ng zugrunde liegenden historisch­en Zahlen zur Entwicklun­g der Renditen habe die Regulierun­gsbehörde nach „Schema F“verwendet. Im internatio­nalen Vergleich seien die Renditen „grenzwerti­g niedrig“.

Der dritte Kartellsen­at des Gerichts hat aus der Vielzahl der Beschwerde­n 29 repräsenta­tive Musterverf­ahren ausgewählt, um die Entscheidu­ng der Netzagentu­r zu überprüfen. Die Netzbetrei­ber beklagen, dass sie durch die Kürzung ihrer Gewinne den für die Energiewen­de dringend erforderli­chen Netzausbau nicht mehr stemmen könnten.

An dem Verfahren ist auch der Ökostroman­bieter Lichtblick beteiligt. Ihm gehen die Kürzungen nicht weit genug. Lichtblick spricht von „staatlich garantiert­en Traumrendi­ten“. Auch bei den Netzen müsse es Wettbewerb durch Ausschreib­ungen geben. Seine Entscheidu­ng will der Senat am 22. März verkünden.

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FOTO: DPA Stromzähle­r für Wechselstr­om. Die Kürzung der Garantiere­ndite für Netzbetrei­ber wird derzeit vor Gericht verhandelt.

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