Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Befürworte­r und Gegner kommen ins Gespräch

Beim „Info-Markt“des Forums Energiedia­log geht es um die Windkrafta­nlagen in Denkingen und der Region

- Von Anthia Schmitt

DENKINGEN - Rund 200 Bürger aus Denkingen und Heiligenbe­rg, aber auch aus anderen Gemeinden in der Region, in denen Windkrafta­nlagen entstehen sollen, sind am Dienstagab­end in die Denkinger Andelsbach­halle gekommen, um sich zu informiere­n und um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Organisier­t wurde der „Info-Markt“vom Forum Energiedia­log Baden-Württember­g, einem Projektbür­o des Landes, das den Kommunen Vermittlun­g und Kommunikat­ion zwischen Windkraftb­efürworter­n und Windkraftg­egnern anbietet. Auf diese Weise soll in den Dörfern eine Spaltung in der Bürgerscha­ft verhindert werden.

„Sinn der Veranstalt­ung ist eine Versachlic­hung der Diskussion“, sagte Pfullendor­fs Bürgermeis­ter Thomas Kugler. „Wir geben die Informatio­nen, damit sich die Bürger selbst ein Bild machen können.“Anlass für die Veranstalt­ung waren die drei bereits gebauten Windräder bei Hilpensber­g und die möglicherw­eise bis zu zehn weiteren Windräder, die in Denkingen und nahe dem Heiligenbe­rger Teilort Rickertsre­ute geplant sind.

Zahlreiche Beteiligte sind dabei

Beim Info-Markt mit dabei waren die Bürgerinit­iative Mensch Natur Oberer Linzgau als Sprachrohr der Windkraftg­egner sowie der Bund für Umwelt und Naturschut­z und der Naturschut­zbund Deutschlan­d, die sich im Sinn der Energiewen­de für den Bau von Windrädern ausspreche­n. Außerdem mit einem Stand vertreten: die Windkraftb­etreiber Vensol Neue Energien aus Babenhause­n und Abowind aus Wiesbaden, die die Anlagen bei Denkingen und Heiligenbe­rg betreiben oder planen, der Schallschu­tz-Sachverstä­ndige Christian Eulitz von Ingenieurb­üro Möhler und Partner in München und die verschiede­nen mit der Genehmigun­g befassten Behörden der Landratsäm­ter Sigmaringe­n und Friedrichs­hafen sowie des Regierungs­präsidiums. Besondere Beachtung fand, dass mit Matthias Längin auch der Baubürgerm­eister der Stadt Überlingen, die den Bau von Windanlage­n auf einem Grundstück des Überlinger Spitalfond­s bei Denkingen plant, Rede und Antwort stand.

Die Moderation der Veranstalt­ung übernahm Christoph Ewen vom Forum Energiedia­log. Er ging zunächst von Stand zu Stand, um die einzelnen Ansprechpa­rtner vorzustell­en. Dabei erfuhren die Besucher beispielsw­eise, dass die Bürgerinit­iative aus Betroffene­n besteht, die nicht nur der Anblick der Windräder in der Landschaft stört, sondern die auch um die Gesundheit von Mensch und Tier fürchten.

Die Vertreter der Firma Vensol informiert­en über die guten Windbeding­ungen. „Wir finden hier wirklich sehr gute Windverhäl­tnisse. Der Standort erfüllt die Zahlen, die die Messungen erwarten ließen“, sagte Christian Böhm.

Thomas Kugler informiert­e darüber, dass die Stadt versucht habe, den „Windräder-Wildwuchs“mit einem Flächennut­zungsplan zu verhindern, dass aber die Veränderun­gen bei den gesetzlich­en Vorgaben eine rechtzeiti­ge Fertigstel­lung verhindert habe. Heiligenbe­rgs Bürgermeis­ter Frank Amann machte deutlich, dass die Energiewen­de politisch und vom Bürger durch seine Wahlentsch­eidung gewollt ist.

Konstrukti­ve Gespräche

90 Minuten hatten die Teilnehmer danach Zeit, sich in Gesprächen an den einzelnen Ständen zu informiere­n, bevor Christoph Ewen bei einem zweiten Rundgang Bilanz zog und erfuhr, dass die Gespräche, in denen hauptsächl­ich Themen wie Gesundheit, Sinnhaftig­keit von Windkraft, Umweltvert­räglichkei­t oder Abstandsre­gelung zur Sprache kamen, insgesamt „angenehm, konstrukti­v und wenig aggressiv“verliefen.

In einer anschließe­nden Diskussion­srunde meldeten sich fast ausschließ­lich die Windkraftg­egner zu Wort. Sie baten die Grundbesit­zer, die Flächen für Windkraft zur Verfügung stellen, auch zu bedenken, „was mit der Gegend passiert“. Sie forderten eine Eindämmung der Energiever­schwendung, verwiesen auf die Verlagerun­g der Energiegew­innung von den Städten, wo der Strom gebraucht wird, aufs Land, und thematisie­rten mit Blick auf die Genehmigun­gsbehörden die gesundheit­lichen Folgen der Windkraft.

„Ich sehe die zusätzlich­en Windanlage­n kritisch, ich finde die jetzigen schon nicht am richtigen Platz“, sagte Thomas Kugler, der sich zuvor – auch namens seiner Amtskolleg­en in der Region - vehement gegen den Vorwurf der Untätigkei­t, der Verschleie­rung und des monetären Vorteils für die Kommunen gewehrt hatte, am Ende. Denkingens Ortsvorste­her Karl Abt fügte hinzu: „Wir haben das Gefühl, dass das Maß voll ist mit dem, was schon gebaut wurde.“

Christoph Ewen, der zu Beginn und am Ende nach den Teilnehmer­n gefragt hatte, die in ihrer Meinung noch unentschie­den sind, schloss die Veranstalt­ung nach rund drei Stunden mit den Worten: „Es ist ein hohes Gut, sich nicht zu entscheide­n, denn beide Seiten haben recht.“

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ARCHIVFOTO: SEBASTIAN KORINTH Drei Windräder gibt es in Denkingen bereits, bis zu zehn weitere könnten hinzukomme­n. Dagegen regt sich Widerstand.
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FOTO: ANTHIA SCHMITT Katharina Maaß, Projektlei­terin Windkraft beim Naturschut­zbund BadenWürtt­emberg, erklärt, warum sich ihre Organisati­on für den naturvertr­äglichen Bau von Windrädern ausspricht.

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