Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Schon 2016 gegen Freiburger Verdächtigen ermittelt
Damals ging es um Kinderpornografie – Medienanwalt soll Opfer schützen
FREIBURG (dpa) - Im Freiburger Missbrauchsfall kam der erste Hinweis im September 2017. Doch schon im Jahr zuvor hatten Ermittler den inzwischen Hauptverdächtigen im Visier – jedoch nicht wegen des Neunjährigen.
Schon 2016 sei gegen den heute 39-Jährigen ermittelt worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Freiburg am Freitag. Er bestätigte damit Informationen von „Spiegel TV“. Im Mai 2017 habe die Behörde Anklage erhoben, zum Prozess sei es aber nicht gekommen. Damals sei es um den Besitz von kinderpornografischem Material gegangen. Fahnder waren im Internet darauf aufmerksam geworden. Hinweise auf die vielfachen Vergewaltigungen des heute Neunjährigen habe es damals nicht gegeben. Diese seien erstmals im September 2017 gekommen.
Dem Mann, der wegen ähnlicher Delikte vorbestraft ist, wird schwerer Kindesmissbrauch zur Last gelegt. Den Ermittlungen zufolge hat er das Kind gemeinsam mit dessen Mutter über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren sexuell misshandelt und vergewaltigt sowie Männern aus dem In- und Ausland für Vergewaltigungen überlassen.
Die Taten sollen sich von 2015 bis Herbst 2017 ereignet haben. Insgesamt sitzen acht Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Der 39-Jährige und die 47 Jahre alte Mutter des Kindes sind den Angaben zufolge die beiden Hauptbeschuldigten.
Nachdem der Fall bekannt geworden war, wurden sieben Männer und die Frau festgenommen.
Der Freiburger Fall war vergangene Woche bekannt geworden. Justiz und Jugendamt stehen in der Kritik. Sie hatten den Jungen zurück zur Mutter geschickt und ihrem Lebensgefährten untersagt, Kontakt zu dem Kind zu haben. Die beiden hatten sich jedoch nicht an die Auflagen der Gerichte gehalten.
Auflagen nicht kontrolliert
Ob die Auflagen eingehalten wurden, sei nicht kontrolliert worden. Die Verantwortung habe hierfür das Jugendamt, teilten das Freiburger Familiengericht und das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit, die den Fall beide bearbeitet haben. Das Jugendamt sagt, es sei von den Gerichten nicht mit der Kontrolle der Familie beauftragt worden und habe daher nicht aktiv werden können. Hinweise auf sexuelle Misshandlungen oder Vergewaltigungen habe es nicht gegeben.
Behörde und Justiz wollen den Fall nun gemeinsam aufarbeiten. Der Junge ist seit den Festnahmen in staatlicher Obhut. Einzelheiten hierzu nennt das Jugendamt nicht.
Am Freitag gab der für das Jugendamt verantwortliche Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald bekannt, dass er die Berliner, auf Medienrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei Schertz-Bergmann zum Schutz des Neunjährigen beauftragt habe. Damit solle verhindert werden, dass Hinweise zu dem Jungen an die Öffentlichkeit gelangen. Dies beinhaltet vor allem die Berichterstattung in den Medien. Die Identität des Jungen und sein Aufenthaltsort müssten geheim bleiben.