Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Union dringt auf schnellere Gespräche
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos wird über die Macht von Internetkonzernen diskutiert
BERLIN (dpa/AFP) - In der Union wächst der Unmut über die SPD wegen Verzögerungen bei den Koalitionsverhandlungen. „Wir sollten in zwei bis drei Wochen mit den Verhandlungen fertig sein“, forderte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Gleichzeitig kamen von der CDU unterschiedliche Kompromisssignale an die SPD. Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sieht beispielsweise beim Familiennachzug Verhandlungsspielraum. „Es ist besser, Familien zusammenzuführen, weil es der Integration in unserem Land hilft“, sagte Günther bei „NDR Aktuell“. Kauder und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lehnten dies hingegen ab.
Die SPD verzeichnet derweil eine Eintrittswelle. Seit dem Sonderparteitag in Bonn am Sonntag wurden bislang rund 1700 Aufnahmeanträge registriert.
DAVOS - Sind Facebook, Google, Amazon und Uber zu mächtig? Gleich am ersten Morgen des Weltwirtschaftsforums (WEF) sorgt der Werbeund Medienunternehmer Martin Sorrell für einen Knall. Er vergleicht Internetkonzerne wie Facebook, Google und Amazon mit Standard Oil, dem Ölkonzern der Rockefellers, den die US-Regierung 1911 in Einzelteile zerlegte. Damit ist ein zentrales Thema des diesjährigen Kongresses der Wirtschafts- und Politikelite in Davos gesetzt.
Auf die Frage, ob Technologiefirmen zu mächtig geworden sind, antwortet Dara Khosrowshahi, Chef des Fahrdienstanbieters Uber, schlicht: „Nein.“Es gebe zwar Probleme. Aber die könnten die Unternehmen selbst lösen, indem sie ihre Kultur verändern. Bei der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Können wir den Technologie-Konzernen noch vertrauen?“sitzen der Uber-Chef und Ruth Porat, Finanzvorstand der Google-Mutter Alphabet, auf den heißen Stühlen in Davos. Sie verteidigen vehement die vor allem in den USA beheimatete Internetindustrie.
Newcomer haben keine Chancen
Die Unternehmen stehen zunehmend unter Druck. Mittlerweile läuft eine transatlantische Debatte über Regulierung und Kartellrecht. Diskutiert werden Forderungen, den sogenannten Technologie-Unternehmen politisch zu Leibe zu rücken. Das soziale Netzwerk Facebook hat nach eigenen Angaben rund zwei Milliarden Nutzer weltweit. Angesichts dieser Größenordnung haben Konkurrenten kaum eine Chance. Kommen aussichtsreiche Newcomer hoch, kauft Facebook sie einfach auf. Bei Google sieht es ähnlich aus: In Staaten wie Deutschland oder USA wickelt die Suchmaschine etwa 90 Prozent aller Suchanfragen im Internet ab. Auch hier spielen Wettbewerber kaum eine Rolle. Marc Benioff, Chef des CloudSpeicher-Anbieters Salesforce, vergleicht die Internet-Industrie mit der Finanzwirtschaft. Vor der Finanzkrise ab 2007 sei die Regulierung der Banken durch die staatlichen Aufsichtsbehörden zu schwach ausgefallen, nachher habe die Politik die Zügel angezogen. Auch bei den Internetfirmen „müssen die Regulierer aggressiver vorgehen“, fordert Benioff. Google-Frau Porat reagiert ausweichend. Dass so viele Menschen die Suchmaschine nutzen und den Diensten offenbar vertrauen, sei ein Zeichen für die „gute Qualität der Google-Produkte“. Khosrowshahi räumt ein Grundproblem ein: Uber verfüge über so viele Daten seiner Nutzer, dass es tatsächlich „ein ungleicher Kampf“sei.
Auf die Frage von Moderator Andrew Sorkin von der New York Times, wie die Regulierung von Unternehmen aussehen solle, verweist Sorrell auf die Aktivitäten von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Sie hat Google im vergangenen Jahr eine Rechnung über 2,4 Milliarden Euro ausgestellt, weil der Konzern den eigenen Preisvergleichsdienst Google Shopping beim Anzeigen von Suchergebnissen gegenüber anderen Anbietern bevorzuge.
Im kommenden Mai tritt zudem die Datenschutz-Grundverordnung der EU in Kraft. Sie verschafft beispielsweise Facebook-Nutzern das grundsätzliche Recht, mit allen ihren Daten zu einem anderen Anbieter umzuziehen. Facebook muss dann sämtliche Angaben, die über eine Person gesammelt wurden, transportierbar machen. Wirkt die Regelung, haben eventuell auch wieder andere soziale Netzwerke eine Chance auf dem Markt.
Wissen über Verkehrsströme
Daneben erheben Experten wie Soziologe Ulrich Dolata von der Universität Stuttgart die Forderung, eine neue staatliche Aufsichtsbehörde einzusetzen, die kontrolliert, wie die Internetunternehmen mit ihren Softwareprogrammen das Verhalten der Nutzer steuern. Hintergrund sind Vorwürfe gegen Facebook, Kampagnen in dem sozialen Netzwerk hätten das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl verfälscht.
Auch die Diskussion über das sogenannte Data-Sharing flammte auf: Internetunternehmen müssten dann Daten, die sie sammeln, bisher aber für sich behalten, der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Als Beispiel dient hier Uber: Durch die nach eigenen Angaben vier Milliarden vermittelten Taxifahrten pro Jahr hat der Fahrdienstleister reichhaltige Informationen über Verkehrsströme in Städten.
Diese Daten, sagte Uber-Chef Khosrowshahi, teile man gerne mit Stadtverwaltungen, um diesen zu helfen, die Emissionen des Verkehrs zu verringern. So etwas müsse aber auf Freiwilligkeit beruhen, Gesetze brauche man dafür nicht, lautet die Botschaft der Firmen.