Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Vier Regionen sollen Vorreiter bei Bioprodukten werden
Land fördert innovative Konzepte zum ökologischen Landbau – Nachfrage übersteigt bisheriges regionales Angebot
STUTTGART - Es steckt großes Potenzial in Biolebensmitteln. Davon ist die grün-schwarze Landesregierung überzeugt und hat am Dienstag in Stuttgart vier Biomusterregionen ausgerufen – drei davon liegen im Verbreitungsgebiet der „Schwäbischen Zeitung“. Mit Geld vom Land sollen die Regionen den ökologischen Landbau vorantreiben und Vorbilder für andere sein. Denn: „Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Mitte Januar fiel die Entscheidung eines unabhängigen Gremiums, wie Agrarminister Peter Hauk (CDU) sagte. Neun Regionen hatten sich beworben. Am überzeugendsten fand die Jury die Bewerbungen des Landkreises Ravensburg, die auch die Gemeinden Neukirch, Tettnang und Meckenbeuren im Bodenseekreis umfasst, den gemeinsamen Antrag von Bodenseekreis und Kreis Konstanz, den von Heidenheim gemeinsam mit Bartholomä, Essingen, Heubach, Neresheim und Oberkochen im Ostalbkreis sowie die Bewerbung des Enzkreises.
Alle hatten sie spannende Ideen, wie vor Ort Bioprodukte und die ökologische Produktion vorangetrieben werden können. Die Nachfrage sei schließlich groß, sagte Hauk – vor allem bei Biofleisch und -gemüse, das oft importiert werden müsse. Die klassische Biotomate komme häufig aus Südeuropa in den deutschen Supermarkt. „Auch beim Fleischsektor haben wir einen Nachholbedarf “, sagte Hauk. „Da könnten wir das Vierfache verkaufen.“Und das, obwohl Baden-Württemberg laut Hauk Spitzenreiter ist beim ökologischen Landbau. Dessen Anteil an der gesamten Landwirtschaftsfläche liege bei gut neun Prozent. „Der Zuwachs 2017 dürfte wieder an die zehn Prozent gewesen sein“, sagte Hauk. Laut Kretschmann stelle im Schnitt jeden Tag ein Betrieb im Südwesten auf ökologische Produktion um. Genaue Zahlen folgten in ein paar Wochen.
Ostalb will bioregionales Bier
Die Biomusterregion auf der Ostalb überzeugte die Jury unter anderem mit ihrem Vorhaben, verstärkt Biobraugerste anzubauen und ein „bioregionales“Bier zu entwickeln. Der Kreis Ravensburg setzt vor allem bei den Snacks an, die Bäcker und Metzger bieten. Das Lebensmittelhandwerk soll sich stärker vernetzen – so die Grundidee.
Die ist auch für Martin Hahn, agrarpolitischer Sprecher der Grünenfraktion, entscheidend. Der BioBauer vom Bodensee freut sich, dass auch seine Region den Zuschlag bekommen hat. „Es gibt ein immer stärkeres Bedürfnis nach Bio, aber unsere Gastronomie hat da zu wenig Drive“, sagt er. Für eine Tourismusregion wie den Bodensee sei das nicht gut. Auch deshalb nicht, weil immer mehr Menschen außer Haus essen. Bio in Restaurants und Kantinen müsse dringend ausgebaut werden, so Hahn. Überzeugend fand die Jury im Bodenseekreis/Kreis Konstanz auch die Idee von Bioregiomaten, an denen Kunden rund um die Uhr Biolebensmittel kaufen können.
Neu ist diese Idee der Biomusterregionen nicht. Bayern war Vorreiter, Hessen folgte darauf. In BadenWürttemberg sollen die Musterregionen bis zu 100 000 Euro vom Land für ihr Regionalmanagement bekommen, maximal 75 Prozent ihrer Kosten. Ist das Projekt erfolgreich, könnten weitere Regionen gefördert werden, stellte Hauk in Aussicht. „Das Land verträgt auch 15, wenn es gute Konzepte gibt“, betonte Hauk. Auch Geld sei dafür da. Bis 2020 sind im Doppelhaushalt insgesamt drei Millionen Euro für die Musterregionen verankert. Noch muss aber Brüssel entscheiden, ob das Land die Förderung überhaupt zahlen darf. Mit einer Zustimmung der EU rechnet Hauk aber, und zwar bis Ende Februar.
Die Naturschutzverbände im Land lobten die Regierung. „Keine Pestizide und deutlich weniger Gülle, Mist und mineralische Dünger auf den Feldern senken auch den Nitrateintrag ins Grundwasser“, erklärte Nabu-Landwirtschaftsreferent Jochen Goedecke auch im Namen von BUND und LNV. Damit leisten ökologisch wirtschaftende Betriebe einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Trinkwassers.