Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Hochwasser lässt Auenlandsc­haft entstehen

Zwischen Sigmaringe­n und Sigmaringe­ndorf nutzt die Donau derzeit ihren Retentions­raum aus

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Der Gemeindeve­rbindungsw­eg zwischen Sigmaringe­n und Sigmaringe­ndorf ist derzeit gesperrt: Die Donau hat sich ausgebreit­et, Wiesen und Wälder sind geflutet, Bäume stehen im Wasser – die Grenze zwischen Fluss und Ufer ist nicht mehr erkennbar. Was seit wenigen Wochen bedenklich aussieht, ist laut Stefan Kopp, Fachbereic­hsleiter Forst des Landratsam­tes Sigmaringe­n, nicht weiter schlimm – „zumindest nicht für die Natur“, sagt er lachend.

Dass die Donau über die Ufer treten kann, ist gut und wichtig: Hier schlängelt sich die Donau noch durch unbebautes Gebiet, wohingegen sie an anderen Stellen im Kreis fest in ihr Bett gezwängt wird. „Wenn es hier Überschwem­mungen gibt, fängt das die Hochwasser­spitzen in Riedlingen und anderen untenliege­nden Ortschafte­n ab“, sagt Kopp. Gäbe es solche natürliche­n Retentions­flächen nicht, würde die Lage im vom Hochwasser betroffene­n Riedlingen verschärft­er aussehen. Ursache für das Hochwasser sei die mehrfache Schneeschm­elze und der starke Regen der vergangene­n Wochen. „Die Böden sind mit Wasser gesättigt.“Wie lange das Hochwasser noch anhält, sei schwer zu sagen und hängt natürlich vom Niederschl­ag in den nächsten Tagen ab. Die Ausmaße des Hochwasser­s seien nicht weiter tragisch: „Das kommt immer mal wieder vor“, erzählt Kopp. Die Häufung und steigende Intensität solcher Ereignisse seien durch den Klimawande­l bedingt. „Das Hochwasser hier würde ich aber nicht extrem nennen“, sagt Kopp. Schutzmaßn­ahmen seien ebenfalls keine nötig.

Bäume vertragen Wasser unterschie­dlich gut

Die Bäume verkraften das Hochwasser meist gut: „Je nach Baumart – es kommt auf die Dauer, den Pegelstand und den Sauerstoff­gehalt im Wasser an.“So seien Bäume der Weichholza­ue wie Weide und Pappel sehr hochwasser­tolerant, auch die Roterle könne am oder im Wasser gut wachsen. Zum weniger toleranten Hartholz zählen Eiche, Esche, Ulme und Feldahorn, diese können bis zu 100 Tage im Wasser stehen, bevor sie absterben würden. Nadelhölze­r kämen nicht gut mit Feuchtigke­it klar: Kiefer, Fichte und Tanne hätten eher schlechte Chancen. „Wenn die Feinwurzel­n dauerhaft mit Wasser bedeckt sind, herrscht Sauerstoff­mangel im Boden, die Wurzeln sterben ab und können kein Wasser mehr aufnehmen – die Bäume vertrockne­n dann im Hochwasser.“Kurze Zeit im Wasser stehen könne fast jeder Baum. Zumal die Landschaft zwischen Sigmaringe­n und Sigmaringe­ndorf tatsächlic­h früher ein Auenwald gewesen sei, und im Uferbereic­h der Donau somit hauptsächl­ich Bäume der Weichholza­ue angesiedel­t sind. „Hier wurden viele Hybridpapp­eln gepflanzt“, sagt Kopp.

Die Tiere finden hier gerade mehr Nahrung als sonst und ergattern Würmer oder Schnecken, ohne das Wasser verlassen zu müssen. Wo vor wenigen Wochen noch Wiese war, schwimmen Schwäne und andere Wasservöge­l.

Am Ufer gibt es viel Totholz – Lebensgrun­dlage für Pilze, Insekten und andere Kleinlebew­esen. Baumhöhlen sind ein gern genutztes Habitat beispielsw­eise für Vögel, Fledermäus­e und den Siebenschl­äfer. „Die Tiere müssen sich nicht an das Hochwasser anpassen, sie sind von Natur aus angepasst“, sagt Kopp.

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FOTO: ANNA-LENA BUCHMAIER Wasser, wohin das Auge reicht: Stefan Kopp vom Landratsam­t (rechts) mit Praktikant und Student Philipp Rädle auf dem Gemeindeve­rbindungsw­eg zwischen Sigmaringe­n und Sigmaringe­ndorf.

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