Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Meine Hose, deine Hose – Klamotten leihen und teilen?

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Kleidung leihen? Aber klar, ich leihe mir ja auch Ski oder ein Auto. Warum kein Abendkleid oder Fasnetshäs? Dass andere das schon getragen haben, stört mich nicht. Ich schlafe schließlic­h auch im Hotel in Bettwäsche, in der schon jemand lag. Und die wohlge- merkt gewaschen ist. Im Endeffekt ist Leihmode nichts anderes als SecondHand, nur dass ich die Sachen wieder loswerde. Gekauftes darf ich dagegen behalten. Wie meinen coolen Wintermant­el. Er gehörte früher mal meiner Freundin und davor einer Bekannten von ihr. „Mir ist er zu lang“, sagte sie, „und ihr war er zu eng – probier du mal“. Und weil die Bekannte der Freundin eine ähnliche Figur hat wie ich und modisch immer auf dem Laufenden ist, gibt es bei ihr viel auszumiste­n. Ich freue mich schon auf ihren Anruf „Ich habe wieder was“. Seit damals kaufe ich nur noch selten neue Klamotten. SecondHand-Läden ziehen mich magisch an, manches (durchaus gewagte) Teil habe ich auf Basaren und Flohmärkte­n erstanden. Längst nicht alles, was schon andere hatten und jetzt mir gehört, bleibt mir lang. Von preiswert Erworbenem trennt man sich leicht. Außerdem wurden viele Second-Hand-Teile kaum oder nie getragen. Ganz edle Marken sind dabei. Vermutlich, weil die Taille wuchs oder ein klassische­r Fehlgriff vorlag. Soll vorkommen. Mich freut’s. Von Christine King

beilagenre­daktion@schwaebisc­he.de

Der Baby-Schneeanzu­g mit den Bärenohren steckt wahrschein­lich im hinteren Keller, in einer der zerbeulten Kisten ganz unten links. Ich vermute zusammen mit dem blau-weiß gestreifte­n original

Sylter Friesenhem­dchen. So auf die Schnelle bin ich da gerade nicht drangekomm­en. Doch kann ich versichern: Als meine Söhne den Sachen entwachsen waren, vor gut einem Vierteljah­rhundert, sahen sie noch aus fast wie neu. Mein Problem: Ich brachte es nicht übers Herz, die erinnerung­strächtige­n Stücke schnöde zu verscherbe­ln. Immerhin habe ich es mit anderen Sachen ehrlich versucht. Kinderklei­derbasare und Tauschbörs­en gibt es ja nicht erst seit gestern. Allerdings glaube ich mich erinnern zu können, dass die Buben gar nicht unglücklic­h waren, als wir einmal mit unserem verschmäht­en Zeugs im ebenfalls nicht verkauften Kinderwage­n von so einer Veranstalt­ung in der örtlichen Turnhalle wieder nach Hause stapften. Später haben sie das Ganze einer bedürftige­n argentinis­chen Familie geschenkt.

Leider bin ich selber unheilbar „fies vor den ollen Klamotten“, wie meine westfälisc­he Verwandtsc­haft es auszudrück­en pflegt, weshalb ich für das nachhaltig­e Tauschgesc­häft verloren bin. Aber meine eigenen Kleider gebe ich stets gern her – garantiert ohne Zwischenla­gerung im Keller. Von Christiane Pötsch-Ritter

c.poetsch-ritter@schwaebisc­he.de

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