Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Tochter im Himmel beschützt die Familie

Stefanie Köhler stirbt am 5. Februar 2005 mit 25 Jahren – Angehörige begleiten sie

- Von Dirk Thannheime­r

BAD SAULGAU - Walter Köhler aus Bad Saulgau und seine Frau Inge werden am Montag wieder auf dem Friedhof sein – am Grab ihrer Tochter. Stefanie Köhler verlor den Kampf gegen den Krebs. Sie starb am 5. Februar 2005 im Alter von 25 Jahren. Ein Jahr später fand in der Antoniuski­rche der erste Gedenkgott­esdienst für verstorben­e Kinder statt. Am Sonntag, 4. Februar, um 17 Uhr wird erneut für jedes verstorben­e Kind ein Licht entzündet.

Als Stefanie Köhler nach Ostern 2004 vom ihrem Arbeitspla­tz in Biberach ihre Eltern anruft, verändert sich für die ganze Familie auf einen Schlag das Leben. Ihre Ärztin teilt der jungen Frau mit, dass sie an einem bösartigen Hautkrebs leidet – und dazu noch unheilbar. „Das war für alle ein riesiger Schock“, sagt Walter Köhler. Stefanie Köhler ist das jüngste von vier Kindern. Ihre drei älteren Brüder sind fassungslo­s, als sie von der Diagnose hören.

Stefanie Köhler ist 23 Jahre alt, voller Lebensfreu­de, hat einen festen Partner und singt in jeder freien Minute in der Mädchenkan­torei. „Sie war ein fröhliches Wesen und hat immer gelächelt“, sagt ihr Vater Walter Köhler, der selbst nicht glauben will, dass seine Tochter schwer krank ist. Die Familie Köhler unternimmt von nun an alles, um ihrer Tochter zu helfen. Zuerst bekommt sie eine Chemothera­pie, die sie nicht verträgt, weshalb sie abgebroche­n wird. Es folgt der Aufenthalt in einer Privatklin­ik, in der mit alternativ­er Medizin der Krebs besiegt werden soll. „Das brachte gar nichts. Es wurde nur noch schlimmer“, ergänzt Walter Köhler, der gemeinsam mit seiner Frau seine Tochter nicht mehr aus den Augen lässt. Die Eltern begleiten sie in dieser schwierige­n Zeit, in der Stefanie Köhler das Kämpfen lernt. Die Eltern klammern sich an jeden Strohhalm, geben die Hoffnung nicht auf und schicken sie in eine Klinik nach Bad Imnau. „Da war sie in guten Händen und es ging ihr wirklich besser“, sagt Walter Köhler.

Lourdes-Reise abgesagt

Aber der Krebs ist zu stark. Stefanie Köhler muss wieder Rückschläg­e einstecken, ihre Haut wird immer dunkler. „Und trotzdem hat sie ihren Lebensmut nicht verloren“, sagt Walter Köhler. An Heiligaben­d 2004 ist Stefanie Köhler zu Hause bei ihrer Familie, singt und spielt Weihnachts­lieder. Es ist das letzte gemeinsame Weihnachts­fest. Die gläubige Familie Köhler plant Anfang des Jahres 2005 eine Reise zum Wallfahrts­ort Lourdes. Aber Stefanies Zustand verschlech­tert sich deutlich. Die Reise fällt aus.

Inge Köhler bittet den damaligen Pfarrer Hermann Dörflinger um Hilfe. Er besucht Stefanie Köhler regelmäßig, steht ihr als Seelsorger beiseite. Am 14. Januar 2005 beginnt im Wohnzimmer der Köhlers eine Novene – eine in der katholisch­en Kirche übliche Gebetsform an neun aufeinande­rfolgenden Tagen. „Es waren teilweise bis zu 45 Menschen bei uns im Wohnzimmer“, sagt Walter Köhler. „Es ging jeden Tag bergab mit ihr.“In der Nacht auf den 5. Februar 2005 verliert Stefanie Köhler den Kampf gegen den Krebs. „Wir haben als erstes für sie gebetet“, sagt ihr Vater, der wie alle Angehörige­n, Freunde und Bekannte in großer Trauer ist. „Wenn ein Kind stirbt, bricht es den Hinterblie­benen das Herz. Das Leben geht zwar für sie weiter, aber die Trauer und der unsägliche Schmerz halten ein ganzes Leben lang an“, sagt Walter Köhler.

Glaube an Gott

Der Glaube an Gott, so Walter Köhler, habe der Familie geholfen, die Trauer zu verarbeite­n. An ihrem ersten Todestag richtet die Mädchenkan­torei im Februar 2006 gemeinsam mit den Geistliche­n einen Gedenkgott­esdienst für die beliebte Sängerin aus, die nicht mehr unter ihnen ist. Weil in und um Bad Saulgau weitere betroffene Familien leben, wird dieser Gottesdien­st seit fünf Jahren zum Gedenken an alle verstorben­en Kinder jährlich wiederholt. Walter Köhler ist sich indes sicher: „Unser lieber Gott hat Stefanie gebraucht. Sie ist ein Engel im Himmel und beschützt uns.“

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FOTO: FRANZISKA KOARK/DPA Beim morgigen Gedenkgott­esdienst in der Antoniuski­rche Bad Saulgau wird für jedes verstorben­e Kind ein Licht angezündet.
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FOTO: PRIVAT Stefanie Köhler verliert den Kampf gegen den Krebs.

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