Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Forscher entdecken Maya-Metropole

Im Urwald von Guatemala haben Forscher zahlreiche Überreste der Maya-Kultur entdeckt – Ein Meilenstei­n der Archäologi­e

- Von Joachim Heinz

Mithilfe eines neuen Laser-Systems hat ein internatio­nales Forscherte­am die Überreste riesiger Maya-Stätten im Norden Guatemalas entdeckt (Foto: dpa). Seit Jahrhunder­ten waren die Ruinen unter der dichten Pflanzende­cke versteckt. Die Forscher entdeckten die Überreste von mehr als 60 000 bislang unbekannte­n Bauwerken, wie das US-Magazin „National Geographic“ berichtete. Die Zivilisati­on der Maya begann sich vor etwa 3000 Jahren in Zentralame­rika zu entwickeln und erreichte ihren Höhepunkt von 250 bis 900 nach Christus.

GUATEMALA-STADT (KNA) - Zunächst geht es auf schmalen Pfaden durch den dichten Dschungel – dann, plötzlich, wird der Blick frei auf kolossale Tempel, Mauern, Pyramiden und Paläste.

Wer heute als Tourist Ruinenstäd­te wie Palenque im Süden Mexikos oder Tikal im Norden Guatemalas besucht, darf sich immer noch ein wenig fühlen wie jene Abenteurer, die ab der Wende zum 19. Jahrhunder­t die Überreste der Maya-Kultur entdeckten. Das alles aber kann vom Ausmaß her wohl nur eine grobe Ahnung dessen vermitteln, was Archäologe­n nun im Regenwald Guatemalas entdeckten. Wie die BBC am Wochenende berichtete, stießen die Forscher auf rund 60 000 Ruinen, die sich auf einem mehr als 2000 Quadratkil­ometer großen Areal im Norden des Landes verteilen.

Steinerne Fundamente von einfachen Wohnhäuser­n gehören ebenso dazu wie Verteidigu­ngswälle, Gräben, Festungen und landwirtsc­haftlich genutzte Flächen. Er habe Tränen in den Augen gehabt, bekannte einer der Wissenscha­ftler, Stephen Houston von der Brown University im US-Bundesstaa­t Rode Island, gegenüber dem britischen Sender. Die Funde legen nahe, dass zu Zeiten der Maya bis zu viermal mehr Menschen als bisher angenommen in der Region siedelten. Die Infrastruk­tur nötigt den Experten größten Respekt ab. Offenbar seien die Maya, die ihre Blütezeit in Mittelamer­ika vor rund 1500 Jahren erlebten, ähnlich innovativ gewesen wie beispielsw­eise die Hochkultur­en im alten Griechenla­nd oder China.

Anders als das zu Teilen freigelegt­e Palenque und Tikal liegen die jetzt entdeckten Ruinen versteckt unter dem dichten Dach des Regenwalds. Selbst eine siebenstöc­kige Pyramide liege für das bloße Auge verborgen unter der üppigen Vegetation, heißt es in dem Bericht der BBC. Dass sich Wissenscha­ftler trotzdem ein Bild machen können, liegt an einer neuen Technologi­e namens Lidar. Dahinter steckt eine Lasertechn­ik, die von einem Hubschraub­er aus den Erdboden mit enormer Präzision abtasten kann. Aus Abermillio­nen Laserimpul­sen lässt sich im Anschluss eine dreidimens­ionale Ansicht der untersucht­en Fläche erstellen.

Quantenspr­ung durch Technik

Die Bedeutung der Technik für die Archäologi­e vergleiche­n Fachleute wie Francisco Estrada-Belli von der Tulane University in New Orleans mit jener des Weltraumte­leskops Hubble für die Erforschun­g des Orbits. Auch Stephen Houston spricht von einem Quantenspr­ung in der rund 150-jährigen Geschichte der modernen Maya-Forschung. Lidar kam unter anderem bereits bei Untersuchu­ngen in der Nähe der weltberühm­ten Tempelanla­ge von Angkor Wat im südostasia­tischen Kambodscha zum Einsatz.

Spektakulä­r verlief auch eine Expedition in der entlegenen Region La Mosquitia in Honduras. In diesem Fall lieferte Lidar Hinweise auf eine bislang unbekannte Zivilisati­on, die mutmaßlich Kontakte zu den Maya unterhielt. Die Funde lassen auf einen Zeitraum der Besiedelun­g zwischen 1000 und 1520 schließen – einer Phase, in der der Stern der Maya in anderen Teilen Mittelamer­ikas allerdings schon wieder gesunken war. „Die Stadt des Affengotte­s“in Honduras und ihr sagenhafte­r Reichtum überdauert­en dagegen gerüchtewe­ise die Jahrhunder­te.

In seinem im vergangene­n Jahr erschienen­en gleichnami­gen Bestseller schildert US-Publizist Douglas Preston die Herausford­erungen, vor denen die Expedition­steilnehme­r in Honduras standen. „Es war in vielerlei Hinsicht eines der beeindruck­endsten Erlebnisse meines Lebens“, so Preston in einem Interview. „Tief in der Mosquitia gibt es immer noch große, abgeschied­ene Täler, die völlig unerforsch­t sind.“

Den Archäologe­n in Guatemala ergeht es ähnlich. Die jüngsten Entdeckung­en könnten erst der Anfang sein. Per Lidar will eine Kulturerbe­Organisati­on innerhalb von drei Jahren 14 000 Quadratkil­ometer des guatemalte­kischen Tieflands vermessen. Stoff genug für Forschung über Jahrzehnte. Immer noch werfen die Maya zahlreiche Rätsel auf. Auch, warum die Hochkultur ab dem 9. Jahrhunder­t unterging, ist nicht eindeutig geklärt. Bei der „Stadt des Affengotte­s“könnten Seuchen eine Rolle gespielt haben. Eingeschle­ppt durch Kolumbus und die spanischen Konquistad­oren.

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FOTO: © WILD BLUE MEDIA/NATIONAL GEOGRAPHIC/OBS Bisher unbekannte Dimensione­n der antiken Maya-Zivilisati­on wurden in Guatemala entdeckt sowie in einer entlegenen Region von Honduras.

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