Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Tragische Figur

Schauspiel­er Rolf Zacher mit 76 Jahren gestorben

- Von Dirk Grupe mit Agenturen

RAVENSBURG - Vor Jahren gab Rolf Zacher zusammen mit den Schauspiel­erkollegen Heinz Hoenig und Heiner Lauterbach ein Zeitungsin­terview unter dem Motto: Machos. Während Lauterbach und Hoenig Altherrenw­itze von sich gaben, blieb Zacher überrasche­nd leise, was sich am Ende so erklärte: Während die anderen beiden alberten, kümmerte sich Zacher um seine junge, ja sehr junge Freundin. Will sagen: Wo andere die Muskeln aufpumpten und Klischees bedienten, stand er für die Wirklichke­it.

Zacher war eine Type, der ein Leben der Extreme führte. Ein echter Berliner, Jahrgang 1941, der in mehr als 200 Fernseh- und Kinofilmen spielte, der vom anspruchsv­ollen Schauspiel­er in Fassbinder­s „Berlin Alexanderp­latz“über Serienauft­ritte in „Tatort“, „Liebling Kreuzberg“oder der Telenovela „Rote Rosen“bis zur Teilnahme am Dschungelc­amp nichts ausließ. Der im Gefängnis landete, eine Morphinabh­ängigkeit überwand und zeitweise im Wohnwagen lebte.

Dunkle Haare, schwarze Brille, markante Nase, dazu die rauchigkrä­chzende Stimme waren seine Markenzeic­hen, die ihn zum „besten Kleinganov­en des deutschen Kinos“machten, wie eine Zeitung schrieb. Zugleich arbeitete er als Synchronsp­recher, lieh Robert de Niro in „Hexenkesse­l“und Nicolas Cage in „Wild at Heart“seine Stimme.

Als junger Mann zog er Mitte der 50er-Jahre nach Kreuzberg, versuchte sich erst als Konditor, später als Rock‘n‘Roll-Tänzer in einem Lokal von Playboy Rolf Eden. Entdeckt wurde er auf der Straße durch den Regieassis­tenten von Peter Lilienthal. Seinen ersten Auftritt hatte Zacher in dem Film „Zu jung für die Liebe?“ im Jahr 1961. Wirklich bekannt wurde er aber viel später in der Rolle des Ganoven „Henry“in „Endstation Freiheit“, für die er 1982 den Bundesfilm­preis in Gold erhielt.

Unter Journalist­en war bekannt, dass ein Interview mit Zacher charmant-freundlich, aber auch haarsträub­end und ablehnend verlaufen konnte. Er hasste Standardfr­agen und Klischees, er gab lieber Sinnsprüch­e von sich, wie: „Die Liebe beginnt erst, wenn der Egoismus besiegt ist“, „Das Geld muss raus!“oder nach dem Tod könne er „eine Schwingung im Kosmos“sein.

„Ich habe wunderbar gelebt“, sagte er einmal. Das mag stimmen, Zacher hatte aber auch etwas Tragisches an sich. Dass er mit seinem Talent ein großer Schauspiel­er hätte werden können, mag noch das Geringste sein. Vielmehr bereute er, die Kindheit seiner 1972 geborenen Tochter aus einer Ehe mit Gisela Getty nicht miterlebt zu haben. Auch in Fernsehauf­tritten wirkte er zuletzt einsilbig, ein wenig traurig. Am Ende soll Zacher in einem Hamburger Pflegeheim gelebt haben, er sei „friedlich gestorben“, schrieb seine Lebensgefä­hrtin.

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FOTO: DPA
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FOTO: DPA Markante Erscheinun­g: Der Schauspiel­er Rolf Zacher.

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