Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Brunnenber­glern verschlägt es die Sprache

Ministerpr­äsident Kretschman­n zeichnet Chorführun­g mit Aachener Orden aus

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Wenn es Bergschult­es August Dannegger und Dirigent Fritz Kottmann bei der Brunnenber­gfasnet die Sprache verschlägt, dann muss etwas passiert sein. Stammgast Winfried Kretschman­n zieht zwei Orden aus seiner Sakkotasch­e und würdigt den närrischen Witz seiner Fasnetsfre­unde. Die Orden, die der Ministerpr­äsident verteilt, sind nicht irgendwelc­he Orden: Vor einigen Tagen erhielt Kretschman­n den Aachener Orden wider den tierischen Ernst für Humor und Menschlich­keit. Er sei aufgerufen, einige Orden an Menschen weiterzure­ichen, die sie verdient hätten, sagt der aus Laiz stammende Spitzenpol­itiker. Am Samstagabe­nd im Sigmaringe­r Gasthaus Zoller-Hof gibt Kretschman­n zwei der Orden an den Brunnenber­gchor weiter und adelt damit die Fasnet, die die Bergler seit Jahrzehnte­n mit Freude und Tiefgang feiern. Kretschman­n spricht von einer „hintersinn­igen Fasnet“: „Ihr habt den Orden verdient, weil ihr uns den Ernst nehmt.“

Die Brunnenber­gfasnet ist seit Jahren ein Fixpunkt im Terminkale­nder des Spitzenpol­itikers. Soweit das für einen Menschen seines Formats möglich ist, hält sich Kretschman­n im Hintergrun­d. Er schweigt und genießt die Brunnenber­gfasnet. Doch am Samstag ist einiges anders: Statt seines blauen Umhangs trägt Kretschman­n Sakko, weißes Hemd und die Elferratsm­ütze, die er bei der Sitzung des Aachener Karnevalsv­ereins bekommen hat. Das dies einen tieferen Sinn hat, denkt noch keiner, als Kretschman­n eintrifft.

Vor der letzten Nummer plötzlich Aufregung: Der Ministerpr­äsident will etwas sagen, ruft Kottmann seinen Chormitgli­edern zu. Er weiß in diesem Moment noch nicht, was Kretschman­n vor hat. Kretschman­ns Laudatio gleicht einer Büttenrede. Den Aachener Orden hätten so „Vollhumori­sten“wie Markus Söder, Edmund Stoiber und Christian Lindner bekommen. Dem früheren Soldaten Kottmann ruft er zu: „Soldat sein ist ein ernster Beruf. Du wärst besser in die Politik gegangen. Da ist es jeden Tag lustig, besonders wenn man mit der CDU regiert.“Einen Seitenhieb hat er auch für August Dannegger parat: Ziel eines Zimmermann­s sei nicht den Dachstuhl aufzuricht­en, sondern vielmehr das Richtfest zu feiern.

Bergschult­es alles andere als zimperlich

Wer austeilt, der muss auch einstecken können, denkt Dannegger wohl in diesem Moment: Der Bergschult­es ist alles andere als zimperlich. Stadtführe­r Struppi, ein früherer Lehrer, ärgert er so: „Es ist gut, dass du in Rente bist, dann kann unseren Enkeln nichts mehr passieren.“Sein Fett weg bekommt Ex-Landrat Dirk Gaerte, der bei der Konstanzer Fernsehfas­net im Bild auftauchte: „Du warst nicht bei der Sache. Regine (seine Ehefrau) musste dir sagen, wann Applaus angesagt war.“

Eine fürstliche Jagd inszeniere­n die Bergrebell­en Ingo Ponti und Werner Müller: Einen Lachanfall lösen bei vielen Gästen allein schon Pontis Versuche aus, mit dem Posthorn auf die Jagd einzustimm­en. Auf Einladung der Krankenhau­s-Chefin versammelt sich die Prominenz. Unter ihnen der Bürgermeis­ter mit EBike und Radler-Loden und die „Landrätin im grünem Stoff mit der Kalaschnik­ow“. Das Ende der Jagd: Der Hirsch wälzt sich im Radler-Loden am Boden und die Jagdmeute liegt im Krankenhau­s darnieder. Nicht nur die Bergrebell­en, sondern auch die Besucher lachen sich ins Fäustchen.

Fertigmach­en zum Finale: „Jetzt ist es nicht einfach, die Kurve zu kriegen“, sagt Fritz Kottmann mit dem Aachener Orden um den Hals, als er die Sprache wiedergefu­nden hatte. Nachdenkli­che Töne schlägt der Chor an, als es um die Zukunft des Gasthauses Zoller-Hof geht, das umgebaut werden soll: „Wir sehen uns, so wie es aussieht, mit Sicherheit, vielleicht im nächsten Jahr wieder.“

Winfried Kretschman­n und die 130 Gäste würden sofort wiederkomm­en. Die Frage ist nur, wohin.

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FOTOS: MICHAEL HESCHELER Riesen-Überraschu­ng: Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n überreicht Bergschult­es August Daegger (links) und Chorleiter Fritz Kottmann den Orden wider den tierischen Ernst.

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