Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Zverev führt Deutschland ins Viertelfinale
Nach dem 3:1 in Australien ist Spanien der nächste Auswärtsgegner
BRISBANE (dpa/SID) - Plötzlich tauchte Boris Becker wie aus dem Nichts auf. Im Deutschland-Trainingsanzug und mit roter Baseballmütze auf dem Kopf schlich sich der Chefberater des furios aufspielenden deutschen Davis-Cup-Teams in die Pressekonferenz und filmte und fotografierte die Szenen auf dem Podium. Kurz zuvor hatte Alexander Zverev mit einem 6:2, 7:6 (7:3), 6:2 gegen Nick Kyrgios im erstaunlich einseitigen Duell der Spitzenspieler für die 3:1-Führung und die Entscheidung im schweren Auswärtsspiel in Australien gesorgt.
Erstmals seit vier Jahren steht damit eine Auswahl des Deutschen Tennis Bundes im Viertelfinale des traditionsreichen Teamwettbewerbs. Statt im September schon wieder wie in den vergangenen drei Jahren eine nervenaufreibende Abstiegs-Relegation bestreiten zu müssen, kämpft die Equipe von Teamchef Michael Kohlmannn vom 6. bis 8. April in Spanien um den Einzug in das Halbfinale. Die Iberer setzten sich ebenfalls mit 3:1 gegen die Briten durch.
„Sascha nimmt alle anderen mit“
„Das war Weltklasse unter sehr viel Druck“, lobte Becker am Sonntag in Brisbane den Auftritt des 20 Jahre alten Hamburgers Zverev, den „Klassenbesten: Sascha nimmt durch seine Leidenschaft alle anderen Spieler mit.“Als wahrer Führungsspieler hatte sich Zverev die Momente im Rampenlicht von Brisbane mehr als verdient.
Noch eine halbe Stunde nach Spielende schrieb Zverev in der PatRafter-Arena Autogramme auf Mützen, Tennisbälle und Poster, teilweise sekundiert von Becker, der ihm die Souvenirs zum Signieren weiterreichte. Die Legende als Helfer.
Mit dem Triumph über Kyrgios veredelte Zverev seinen hart erkämpften Auftaktsieg und den Doppelkrimi am Samstag. „Ohne meine Teamkollegen wäre das alles nicht möglich gewesen“, sagte Zverev.
„Stolz und erleichtert“
Jan-Lennard Struff (Warstein) und Tim Pütz (Frankfurt) hatten in fünf Sätzen überraschend für die 2:1-Führung gesorgt und Zverev damit die entscheidende Vorlage geliefert. „Wir wussten, dass alle etwas beitragen und opfern müssen, damit wir die starken Australier schlagen können“, sagte Teamchef Michael Kohlmann. Er sei „stolz und erleichtert“. Auch für den Teamkapitän war es nach jahrelangem Abstiegskampf der erste Sieg in der Auftaktrunde der Weltgruppe. „Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, große Teams auch auswärts zu schlagen“, sagte Kohlmann. Becker formulierte es in seiner Funktion als Head of Men’s Tennis noch eine Spur pathetischer, als er sagte: „Dies ist zuerst eine Nachricht an die anderen TennisNationen, dass man mit Deutschland wieder rechnen kann.“Auch wenn diese Einschätzung der Emotion des Augenblicks geschuldet war, so stimmen die jüngsten Auftritte bei der Relegation in Portugal und jetzt in Australien doch zuversichtlich für die Zukunft des lange darbenden deutschen Herren-Tennis. Und Zverev kündigte an: „Wir wollen hier nicht aufhören. Wir haben ein Team, das weit kommen kann.“
Der Weltranglistenfünfte wird auch in der nächsten Runde (6. bis 8. April) in Spanien mit von der Partie sein. Das versprach er noch am Sonntagmittag: „Solange wir gewinnen, spiele ich. Wenn ich nominiert werde, spiele ich auch im Viertelfinale.“Der Davis Cup liegt ihm am Herzen, wenn er denn in den Terminplan passt.