Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Thyssenkrupp auf Kurs zur Fusion
92,2 Prozent der befragten Stahlkocher stimmten einem Tarifvertrag zu
DÜSSELDORF (dpa) - Mit einem „Ja“zum Tarifvertrag zur Fusion mit dem Konkurrenten Tata haben die Stahlkocher von Thyssenkrupp Rückenwind zu einer Neuordnung des Konzerns gegeben. 92,2 Prozent der befragten IG-Metall-Mitglieder votierten dafür, teilte die IG Metall am Montag in Düsseldorf mit. Damit sei ein Schutzschild für die Beschäftigten geschaffen worden.
Vor einer Zustimmung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müsse nun noch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Fusion nachgewiesen werden, hieß es von der Gewerkschaft. Notfalls könnte die Fusion aber auch gegen die Stimmen der Arbeitnehmerbank beschlossen werden. Das Votum der Beschäftigten galt als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer Stahlfusion. Laut dem Tarifvertrag sollen die über 21 000 Beschäftigten der Thyssenkrupp-Stahlsparte unter anderem eine Beschäftigungsgarantie bis zum 30. September 2026 sowie eine langfristige Standortsicherung erhalten.
Das Unternehmen hält allerdings an der Streichung von 2000 Stellen in Deutschland sowie an der Verlagerung des Unternehmenssitzes in die Niederlande fest. Mit dem neuen Tarifvertrag seien jedoch Standards gesetzt worden auch für die Beschäftigten des geplanten Joint Ventures in den Niederlanden und in Großbritannien, teilte die Gewerkschaft mit.
Mit der Stahlfusion will Konzernchef Heinrich Hiesinger den Konzern stärker auf die Industriesparte mit Geschäften wie Aufzügen und Autokomponenten konzentrieren. Dieser Bereich macht mittlerweile den Löwenanteil des Geschäfts aus.
Hiesinger stand nicht nur von Seiten der Arbeitnehmervertreter unter Druck, sondern auch durch die Anteilseigner. Besonders Großaktionär Cevian hatte zuletzt am Rande der Hauptversammlung im Januar kritisiert, dass der Umbau nicht schnell genug vorangehe. Cevian-Chef Lars Förberg hatte sogar eine Zerschlagung des Konzerns ins Spiel gebracht.
In den kommenden Wochen sollen nun Gutachten zu der Fusion vorgelegt werden, bei denen es unter anderem um die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Zusammenschlusses gehen soll. Nach den Plänen des Konzerns soll die Fusion nach der Zustimmung durch den Aufsichtsrat noch im Frühjahr besiegelt werden. Der endgültige Zusammenschluss könnte zum Jahresende erfolgen.
Der Stahlkonzern will sich von dem schwankungsanfälligen Geschäft lösen. Hiesinger hatte immer wieder auf strukturelle Probleme im von Überkapazitäten geprägten Stahlgeschäft hingewiesen. Thyssenkrupp und Tata erhoffen sich von der Zusammenlegung hohe Einsparungen – früheren Angaben zufolge 400 bis 600 Millionen Euro jährlich. An dem Gemeinschaftsunternehmen sollen beide Partner je 50 Prozent halten. „Mindesten sechs Jahre“wolle der Konzern zwar an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt bleiben. Gleichzeitig hatte Thyssenkrupp betont, dass währenddessen eine Veränderung der Struktur nicht ausgeschlossen sei. Dabei hatte der Konzern einen Börsengang als mögliche Option genannt.