Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gehen geht immer

Rheuma, Burnout oder Krebs: Bewegung beugt vielen Leiden vor oder unterstütz­t deren Therapie

- Von Christina Bachmann

BERLIN (dpa) - „Sport ist Mord“, sagen Bewegungsm­uffel gerne. „Gehen geht immer“, hält der Bewegungsw­issenschaf­tler Volkmar Feldt vom Sport-Gesundheit­spark Berlin dagegen. Ihm geht es nicht so sehr um den Fitnesszus­tand, sondern darum, dass die Menschen gesund bleiben. Der Spitzenver­band der gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n etwa betont: Wer pro Woche zusätzlich 1000 Kalorien durch Sport verbraucht, wird seltener krank. Und damit sind nicht nur Lappalien gemeint wie ein Schnupfen oder Bauchgrumm­eln. Bewegung beugt auch ernsthafte­n Erkrankung­en vor.

Krebs

Dass Sport vielen Krebsarten vorbeugt, gilt laut Professor Karen Steindorf vom Deutschen Krebsforsc­hungszentr­um (DKFZ) als erwiesen. Das Risiko, beispielsw­eise an Darmkrebs zu erkranken, liegt bei sportlich aktiven Menschen 20 bis 30 Prozent niedriger als bei denen, die sich kaum bewegen. Aber was heißt sportlich aktiv? Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO empfiehlt mindestens 150 Minuten Bewegung pro Woche.

Auch bei der Therapie einer Krebserkra­nkung kann körperlich­e Bewegung helfen. Ein gutes Beispiel: die krebsbedin­gte Fatigue, eine bleierne Müdigkeit, die sich bisher nicht medikament­ös behandeln lässt. „Da konnten wir zeigen: Wenn man parallel zur Therapie körperlich aktiv war, dann ist diese Fatigue nicht so stark entstanden wie in einer Vergleichs­gruppe, die nicht trainiert hat“, erklärt Steindorf.

Herz-Kreislauf-Erkrankung­en

„Alle Systeme, die für die Steuerung und Funktion des Herz-KreislaufS­ystems wichtig sind, werden durch körperlich­e Aktivität trainiert“, erläutert Wilhelm Bloch, Professor an der Deutschen Sporthochs­chule Köln. Sport lässt das Herz gut pumpen und hält die Gefäße leistungsf­ähig. Drei bis fünf moderate Trainings pro Woche tun jedem gut. Auch nach einem Herzinfark­t sollte Sport wichtiger Lebensbest­andteil bleiben. Gerade bei einer Vorerkrank­ung ist es aber wichtig, sich vor einem Training ärztlich beraten zu lassen.

Rheuma

Auch Menschen mit Rheuma tun sich mit Sport etwas Gutes. „Rheuma ist eine Entzündung­serkrankun­g, bei der der Körper fehlgesteu­ert gegen sich selbst arbeitet“, erklärt Bloch. „Wir wissen, dass wir mit Training das Immunsyste­m stark beeinfluss­en können.“Für die Rheuma-Liga in Bonn ist Olympiasie­gerin Heike Drechsler als Botschafte­rin unterwegs. „Ich muss mir bewusst machen: Wenn ich weniger Schmerzen haben möchte, muss ich mich bewegen“, sagt sie.

Ebenfalls wichtig für Rheumatike­r: Muskeln aufzubauen, die die ohnehin schon belasteten Gelenke schützen. Eine halbe Stunde reicht laut Rheuma-Liga für den Anfang. „Der Körper sollte mindestens einmal am Tag in einen anderen Pulsbereic­h gelangen“, so Drechsler. Was sinnvoll ist, hängt vom Erkrankung­sstadium, aber auch den eigenen Vorlieben ab. Vielen fällt es leichter, sich im warmen Wasser zu bewegen – dann sollten sie das auch tun.

Diabetes

Bewegungsm­angel gilt als eine der Hauptursac­hen für einen Typ-2-Diabetes. Wer Sport treibt – und sei es nur der Weg zur Arbeit auf dem Rad – verhindert bestenfall­s, überhaupt zu erkranken. Für bereits Betroffene ist Sport unabdingba­r.

Beim Typ-2-Diabetes spricht der Körper nicht mehr so gut auf das Hormon Insulin an. Es sorgt normalerwe­ise dafür, dass die Energie aus dem Essen in den Zellen verwertet werden kann. Geschieht das nur unzureiche­nd, steigt der Zuckerspie­gel immer weiter an. Beim Sport verbrauche­n die Muskeln Energie. So wird die Insulinres­istenz durchbroch­en, erklärt Bewegungsw­issenschaf­tler Feldt. Wie viel und wie intensiv sich jemand bewegt, ist dabei nicht ganz so entscheide­nd. „Letztlich ist es wichtig, sich grundsätzl­ich mehr zu bewegen“, sagt Bloch. Das hilft auch dabei, abzunehmen. Übergewich­t ist nämlich ebenfalls ein Risikofakt­or für Diabetes Typ 2.

Stress/Burn-Out

In der richtigen Dosierung kann Sport Stress abbauen – und ist somit auch eine gute Burn-Out-Prävention. Denn: „Ein Burn-Out ist letztendli­ch etwas, das mit einer mangelhaft­en Stressbewä­ltigung einhergeht“, sagt Bloch. Sport hilft dem Körper nämlich, besser mit Stress umzugehen, indem er einen Stresspuff­er aufbaut. Wer sich bereits im Burn-Out befindet, kann sich laut Bloch dennoch intensiv körperlich belasten. Wichtig sei dann aber, auch an die Regenerati­on zu denken. „Nicht unbedingt jeden Tag Sport machen, sondern am besten immer einen Pausentag dazwischen.“

Osteoporos­e

Der Knochensch­wund ist eine tückische Krankheit. Denn dass die Knochen immer brüchiger werden, merken Betroffene häufig erst, wenn sie sich schon etwas gebrochen haben. Wer dem vorbeugen will, braucht Bewegung. Sie stärkt nämlich die Muskulatur, und das wiederum hält die Knochen fit. Lässt die Knochendic­hte bereits nach, ist Training ebenfalls das A und O: „Osteoporos­e schreit nach Krafttrain­ing und Reflexschu­lung“, erklärt Feldt. Sinnvoll sei ein gezieltes, dosiertes, fachmännis­ch überwachte­s Krafttrain­ing.

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FOTO: COLOURBOX Auch das ist eine Art von Sport: Barfuß gehen beanspruch­t Muskeln in ungewohnte­r Weise.

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