Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Rosemarie Steuck schreibt Gedichte am Computer
Großes Familienfest anlässlich ihres 95. Geburtstages – Viele Schicksalsschläge und kleine Wunder
FULGENSTADT - Ein großes Fest hat es am Sonntag im Haus der Familie Steuck in Fulgenstadt gegeben. Im Kreis ihrer Familie feierte Rosemarie Steuck bei bester Laune ihren 95. Geburtstag. Auch am Tag danach wird sie nicht müde, von ihrem Leben zu erzählen. Und von den vielen kleinen Wundern, die trotz der vielen Schicksalsschläge, Strapazen und Entbehrungen geschehen sind.
Als älteste von drei Schwestern im oberfränkischen Neustadt/Coburg geboren, zog die Familie 1927 nach Bütow in Pommern, wo die Jubilarin eine unbeschwerte Kindheit erlebte. Aus ihrer ersten Ehe gingen zwei Kinder hervor, der Sohn verstarb jedoch schon wenige Wochen nach der Geburt. 1945 flüchtete sie mit Mutter und Tochter Richtung Niedersachsen. Dass ihr Mann aus dem Krieg nicht mehr zurückkommen würde, wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und schon hier geschah das „erste Wunder“.
Kurz, nachdem sie Bütow verlassen hatten, wurde die Stadt bombardiert. Genau so, wie sie gerade noch rechtzeitig heil aus der Stadt gekommen waren, gelang es ihnen, die Oderbrücke bei Stettin zu überqueren, bevor auch diese in sich zusammenfiel. Nach mehreren Stationen lernte sie ihren zweiten Ehemann Walter kennen, mit dem sie 41 Jahre verheiratet war.
Dankbar für schöne Landschaft
Fulgenstadt wurde für die Familie zur neuen Heimat. Stets war Rosemarie Steuck dankbar, dass „der Herrgott sie hierher führte, in diese schöne Landschaft“. Trotz allem – es war eine arbeitsreiche und in vieler Hinsicht fordernde Zeit. Vier Kinder hatte das Paar, zwei sind viel zu früh gestorben.
In der Näherei Zintgraf, die damals eine Filiale in Fulgenstadt betrieb, war sie lange Jahre als Näherin beschäftigt. Mit 70 Jahren fing sie schließlich an, einem Hobby nachzugehen, das ihr schon als junges Mädchen gefallen hatte: das Schreiben von Gedichten.
Um diese Schätze für alle lesbar aufzubewahren, hat sie sich mit weit über 80 Jahren von einem Enkel in die Arbeit mit dem Computer einweisen lassen und feinsäuberlich alles eingetippt. Ihr zweites Hobby ist das Lesen. Vor allem Biografien haben es ihr angetan. Und das Zeitung lesen. „Jeden Tag die ,Schwäbische Zeitung’ zu lesen, das ist mein Ein und Alles“, erzählt Rosemarie Steuck mit einer außergewöhnlichen geistigen Frische und Klarheit. Der 100. Geburtstag naht also in großen Schritten. Aber das ist ihr nicht wichtig. „Mein größter Wunsch ist, wenn es dann soweit ist, einfach ganz friedlich einschlafen zu können“, sagt sie und freut sich über jeden Tag, den sie, umsorgt von der Familie, noch hier sein darf. Zusammen mit ihren Kindern, 13 Enkeln, 18 Urenkeln und zwei Ururenkeln.