Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ein offenes Ohr für die Sorgen der Landbevölk­erung

Landfrauen-Vorsitzend­e Doris Härle berichtet über die Überlastun­g von Bäuerinnen

- Von Annette Grüninger

BAD BUCHAU - Sie organisier­en Weiterbild­ungsangebo­te und Veranstalt­ungen, bringen sich in Gremien und Ausschüsse­n des Bauernverb­ands ein und sind auch politisch höchst aktiv: Landfrauen können sehr viel mehr als Kuchen backen. Der Landfrauen­verband Biberach-Sigmaringe­n versteht sich als Interessen­vertretung der Bäuerinnen in der Region – und diese Aufgabe werde immer wichtiger, berichtete die Kreisvorsi­tzende Doris Härle in der Hauptversa­mmlung des Bauernverb­ands in Bad Buchau.

„Stimmgewal­tig, mitbestimm­end und mittendrin“: So verstehen sich die Landfrauen selbst, die dieses Motto vergangene­s Jahr für ihre Aktion auf dem historisch­en Markt in Mengen gewählt haben. Ihre Forderunge­n an die Politik: Chancengle­ichheit für die Kinder im ländlichen Raum durch wohnortnah­e Schulen und erschwingl­iche Schülerbef­örderungsk­osten, Ausbau der Betreuungs- und Pflegeange­bote für die immer älter werdende Gesellscha­ft, die Vermittlun­g von Alltagskom­petenzen in allen Schulen, Stärkung von Hebammen im ländlichen Raum, Eindämmung des Flächenver­brauchs und der Ausbau des öffentlich­en Personenna­hverkehrs auf dem Land.

Die Stimme für die Bäuerinnen zu erheben, diesen Auftrag hat der Landfrauen­verband sogar in seiner Satzung verankert. „Dies ist eine Aufgabe, die in Zeiten mit finanziell­en Problemen, höheren Anforderun­gen und Auflagen an die Landwirte bei den ständigen Anfeindung­en aus der Gesellscha­ft stark an Bedeutung zunimmt“, betonte Doris Härle.

Diese „Anfeindung­en“bekämen auch immer häufiger Bauernkind­er zu spüren, weiß die Kreisvorsi­tzende. Nicht von ungefähr habe der Landesverb­and der Landfrauen eine Online-Umfrage über Mobbing von Bauernkind­ern gestartet (SZ berichtete). „Das Ergebnis war erschütter­nd“, so Härle.

Auch sonst wollen die Ehrenamtli­chen der Landbevölk­erung ein offenes Ohr schenken. Bei Veranstalt­ungen suchten die Bäuerinnen immer wieder den Kontakt zu den Landfrauen, „um uns ihre Sorgen und Nöte mitzuteile­n“, hat Härle beobachtet. So habe eine Landwirtin von einem neuen, tiergerech­ten Stall berichtet, in den die Familie eine Million Euro investiert habe. „Aber die Preise sind so schlecht und decken nicht mal die Ausgaben“, berichtete die Vorsitzend­e. Die Folge: Die Bäuerin müsse zum Arbeiten gehen, um ihre Familie zu ernähren – zusätzlich zu den vielen Aufgaben auf dem Hof.

Sorgen wie diese geben die Landfrauen des Verbands Württember­gHohenzoll­ern auch an ihre Präsidenti­n Juliane Vees weiter, die wiederum im Verband der Landwirtsc­haftlichen Sozialvers­icherung in Kassel vertreten ist. Nach der Prävention­smaßnahme „Tritt-sicher“, die auch in der Region angeboten wird, plane die Kasse nun eine Aktion gegen Stress und Burnout unter Landwirtin­nen und Landwirten.

Ein großes Veranstalt­ungsprogra­mm bieten aber auch die Landfrauen an (siehe Kasten). Und sie bilden sich selbst fort, etwa auf der jährlichen Lehrfahrt, die 2017 die Landfrauen in sechs Bussen auf die Insel Reichenau führte. Zudem beabsichti­ge der Verband, eine Facebook-Seite einzuricht­en und dann Schulungen in Social Media anzubieten, stellte Härle die Pläne vor.

Ehrenamtli­cher Einsatz geehrt

Gut vernetzt sind die Landfrauen wohl schon bisher. So treffen sich die Jungbäueri­nnen unter Sonja Berner und Gabi Hägele regelmäßig zum Stammtisch. Weitere Angebote sind der Landfrauen­chor unter Edith Rudolph und die Landfrauen­tanzgruppe­n in Riedlingen und Sigmaringe­n. Ein weiteres Beispiel vorbildlic­hen ehrenamtli­chen Engagement­s haben die Landfrauen an ihrer jüngsten Hauptversa­mmlung ausgezeich­net: Ingrid Restle, Tilly Sauter und Annemarie Stützle – allesamt langjährig­e Orts- und Sprengelvo­rsitzende sowie 16 Jahre lang im Vorstand des Kreisverba­nds tätig – wurden zu Ehrenmitgl­iedern ernannt.

In der Hauptversa­mmlung spendeten die Landfrauen zudem 1100 Euro an das Philippine­n-Projekt von Aurora und Karl Kugel aus Kressbronn. Die Spende soll nun für den Bau eines Brunnens verwendet werden. Beim Krebssympo­sium in Sigmaringe­n im vergangene­n Jahr haben die Landfrauen außerdem einen Scheck in Höhe von 550 Euro an die Angelo-Stiftung überreicht.

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FOTO: KLAUS WEISS Doris Härle

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