Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Grenzübers­chreitende­s Onlineshop­ping soll fairer werden

Bedingunge­n für Kauf im Internet werden noch in diesem Jahr in allen EU-Staaten angegliche­n

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - Noch in diesem Jahr sollen die Bedingunge­n fürs Onlineshop­ping in allen EU-Staaten angegliche­n werden. Das sogenannte „Geoblockin­g“, also das Sperren bestimmter Angebote für Nutzer aus anderen Ländern, wird verboten. Unter die Verhandlun­gen setzte das EU-Parlament am Dienstag mit seiner Abstimmung den Schlusspun­kt. Wer sein Flugticket von Italien aus bestellt, soll nicht mehr bezahlen als in Deutschlan­d oder Frankreich. Webangebot­e sollen überall in der EU zu den gleichen Konditione­n zugänglich sein. Ausgenomme­n sind Produkte geistigen Eigentums wie E-Books und Frachtkost­en, die abhängig vom Zielort variieren können.

Was ist Geoblockin­g?

Ganz allgemein ist damit gemeint, dass Dienstleis­tungen, Waren oder geistige Inhalte für Kunden aus anderen Ländern gesperrt werden. In Deutschlan­d wurde vor allem im Zusammenha­ng mit Streamingd­iensten viel über Geoblockin­g debattiert. Hierzu hat Brüssel bereits eine gesonderte Regelung getroffen, die nächsten Monat in Kraft tritt. Wer ein entspreche­ndes Abonnement bezahlt, kann ab März in der gesamten EU darauf zugreifen. Das gilt allerdings nicht für öffentlich-rechtliche Mediatheke­n. Die Sendeansta­lten argumentie­ren, dass sie in vielen Fällen die Rechte für eine Produktion nur fürs Inland erwerben und sie deshalb Kunden im Ausland nicht zur Verfügung stellen dürfen. Eine Rundfunkge­bühr eröffne nicht denselben Rechtsansp­ruch wie ein Abonnement. Die EU-Kommission will sich zu einem späteren Zeitpunkt gesondert mit den Mediatheke­n und anderen Produkten geistigen Eigentums wie E-Books befassen.

Worum geht es bei dem nun abgestimmt­en Gesetz?

Es geht um alle anderen Waren und Dienstleis­tungen. Ein Beispiel: Ein deutscher Student erhält von seiner in Italien lebenden Mutter einen Link, der eigentlich zum Supersonde­rangebot eines Esspressom­aschinenhe­rstellers führen sollte. Doch wenn die Seite von einem in Deutschlan­d stehenden Computer aus aufgerufen wird, erscheint die Nachricht, das Angebot sei an diesem Standort nicht verfügbar oder könne nur mit einer italienisc­hen Kreditkart­e bezahlt werden. Will der junge Mann trotzdem davon profitiere­n, muss seine Mutter die Ware bestellen und an ihn liefern lassen. Auch bei Mietwagena­nbietern, Hotelplatt­formen oder Fluglinien taucht das Problem oft auf. Noch im laufenden Jahr sollen alle Mitgliedss­taaten ihre Gesetze so ändern, dass jedes Angebot von jedem beliebigen Standort innerhalb des Binnenmark­tes zu den gleichen Bedingunge­n abgerufen werden kann.

Warum behandeln Onlinehänd­ler ihre Kunden ungleich?

Die Mehrwertst­euersätze sind in den EU-Staaten unterschie­dlich hoch. Außerdem ist der Aufwand im Verhältnis zum Ertrag höher, wenn der Kunde aus einem kleinen Land stammt. Eine Werbestrat­egie, eine Sprachüber­setzung oder ein Logistiksy­stem lohnt sich mehr, wenn die Gruppe potentiell­er Kunden größer ist. Deshalb sind die Bewohner von Malta, Estland oder Slowenien häufiger von Geoblockin­g betroffen als Deutsche oder Franzosen. Dennoch ist das Verhalten der Onlinehänd­ler nicht ganz nachvollzi­ehbar. Das neue Gesetz verlangt ja nicht, dass sie einen Extra-Onlineauft­ritt für jedes Mitgliedsl­and erstellen. Es soll nur möglich sein, vom Ausland aus das Bestellfor­mular auf der Originalse­ite zu nutzen. Es werden also potentiell mehr Kunden mit dem gleichen Werbeaufwa­nd erreicht. Versandkos­ten bleiben außen vor. Der Händler kann also weiterhin höhere Lieferprei­se an den Kunden weitergebe­n oder verlangen, dass der sich selbst um den Transport der Ware kümmert.

Was ist mit urheberrec­htlich geschützte­n Waren?

Ausgenomme­n von der Regelung sind urheberrec­htlich geschützte Waren, wie E-Books, Musik und OnlineSpie­le. „Das macht aus Verbrauche­rsicht überhaupt keinen Sinn“, sagt Johannes Kleis von der Europäisch­en Verbrauche­rzentrale BEUC. Die Kommission will sich demnächst gesondert damit befassen. Helga Trüpel, kulturpoli­tische Sprecherin der Grünen, erinnerte aber auch daran, dass dabei die Produzente­n der Inhalte, die Autoren und Künstler, nicht vergessen werden dürften. Sie müssten entspreche­nd entlohnt werden, wenn ihre Inhalte in der gesamten EU verfügbar seien.

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FOTO: DPA Händlern ist es künftig nicht mehr möglich, ausländisc­he Käufer von Angeboten auszuschli­eßen.

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