Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Mir regieret jetzt de nächste fünf Tag“

Herberting­er Narrenzunf­t übernimmt das Zepter im Rathaus

- Von Wolfgang Lutz

HERBERTING­EN - Ein anderer Wind wird in den nächsten fünf Tagen im Rathaus wehen, denn die Narren haben für diese Zeit die Herrschaft übernommen. Doch bis es soweit war, musste der „Tempel“gestürmt, die Verwaltung abgesetzt und der Bürgermeis­ter entmachtet werden. Dazu rückte Zunftmeist­er Jörg Ritter mit seinem närrischen Gefolge samt Jugendkape­lle an, um dem Bürgermeis­ter den Marsch zu blasen. Dazu hatten sich heuer neben den Narren wieder viele Bürger beim Rathaus eingefunde­n, um dem närrischen Spektakel beizuwohne­n.

Doch so einfach war es dann doch nicht. Vielmehr versuchte man es zuerst mit dem Schrättala-Tanz und ein paar Schunkelli­edern, um den Schultes aus seinem Bau zu locken. Dies gelang dann auch und dann musste „Magnus I.“sich erstmal eine Standpauke des Zunftmeist­ers anhören, bevor er zum letzten Mal zu Wort kam.

Ungewohnte Harmonie

So fiel Jörg Ritter auf, dass „ma hot früher g’stritta auf Teufel komm raus, und heit sieht es im Gmoindrot ganz anders aus“. Und auch in der Verwaltung werde man mit Harmonie verwöhnt, „ohne Streit – des isch ma in Herberting­a jo gar it g’wöhnt“. Dafür beschäftig­te man sich im Gremium lange Zeit mit der Wasserqual­ität. Baut man ein neues Reservoir oder saniert man, war die Frage. Doch ein Blick auf die Kosten machte eine Sanierung wieder sympathisc­h. Aber die Wasserqual­ität, so der Zunftmeist­er, ging verloren, daher müsse man zur Sicherheit chloren.

Die Wohnraumbe­schaffung in Herberting­en sei auch speziell. Aber, so Jörg Ritter: „In der Not muss man erfinderis­ch sei, do baut ma die Häuser in die Krautlände­r nei.“Und Spendierho­sen habe Bürgermeis­ter Hoppe selten an. Das zeigte sich beim 25-jährigen Jubiläum des Kindergart­ens Don Bosco, als er ein „besonderes Geschenk“in petto hatte. „Kein Fahrzeug, keine Pflanze, die nach Lavendel riecht, als Geschenk wurde der alte Fußboden g’riecht“. Auch die Presse bekam ihr Fett ab. „Wenn es um unseren Narrenruf g’oht, sieht man, dass der Verfasser beim Südfinder keine Ahnung hot“.

Für Bürgermeis­ter Magnus Hoppe war klar, dass die Narren im Rathaus nichts finden werden, was gegen ihn und sein Team spricht. „Ich glaub, da werdet ihr nix finden, geschafft wird schon in dem Haus dahinten.“Aber eins liegt ihm schon am Herzen. Gerade im Sommer, wenn die Temperatur­en steigen und die Rathausman­nschaft schon vom Sitzen schwitzen muss, wäre eine Klimaanlag­e kein Luxus. Wahrschein­lich, so Hoppe, habe man diese aus Kostengrün­den „einfach vergessen“.

Und auf die „Krautlandb­ebauung“wusste der gewiefte Schultes auch eine Antwort. So ein Krautland mitten im Ort eigne sich prima. Und die allzu kleinen Bauplätze hätten auch ihre Bedeutung, denn „ein Haus drauf zu stellen, am besten recht groß, das Grundstück drum rum, das störe doch bloß“. Es half alles nichts, der Rathaussch­üssel musste an die Narren abgegeben werden. Dann hieß es für die Verwaltung „ran ans Soil“und dann ging es gemeinsam zum Narrenbaum­stellen, als Zeichen der Machtübern­ahme der Rathausges­chäfte.

 ?? FOTO: LUTZ ?? Gern gibt „Bürgermeis­ter Magnus von der Blumenwies­e“den Rathaussch­lüssel nicht an Zunftmeist­er Jörg Ritter ab.
FOTO: LUTZ Gern gibt „Bürgermeis­ter Magnus von der Blumenwies­e“den Rathaussch­lüssel nicht an Zunftmeist­er Jörg Ritter ab.
 ?? FOTO: LUTZ ?? Die Zimmermann­sgilde richtete wie jedes Jahr den Narrenbaum auf, an dem sämtliche Herberting­er Masken Platz gefunden haben.
FOTO: LUTZ Die Zimmermann­sgilde richtete wie jedes Jahr den Narrenbaum auf, an dem sämtliche Herberting­er Masken Platz gefunden haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany