Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Schuldig: Schultes bekennt sich zum Umzugsfieber
Richter Klaus Burger schickt ihn für acht Jahre ins Zuchthaus und lässt ihn zum Freigang nur ins Rathaus
HOHENTENGEN (jek) - Die Gegenwehr von Bürgermeister Peter Rainer hält sich in Grenzen, als ihn der Amtsdiener mithilfe einer Hexe dingfest machen und vors hohe Gericht schleifen will. Nur für ein Foto stemmt sich der Hohentenger Schultes gegen die Ketten. Wahrscheinlich glaubt er noch bis zur letzten Sekunde an einen Freispruch.
Dabei sollte er eigentlich aus Erfahrung wissen, dass Richter Klaus Burger nur vollkommen wasserdichte Anklagepunkte zulässt. Rainer leide nämlich am sogenannten Rathaus-Umzugsfieber. Dass kein weiterer Aktenordner ins alte Rathaus passe, würde schamlos ausgenutzt, um eigene Interessen durchzusetzen. Im Gebäude der Volksbank ist man nicht nur näher an der Apotheke und dem Tresor der Bank gegenüber, sondern kann sich die Vesperwecken gleich von der Metzgerei herüberwerfen lassen. „Und vielleicht schaut auf dem Rückweg von der Kirche ja auch mal ein Bürger bei ihm vorbei?“, so Burger.
Als Christbaumlober hätte sich Rainer auf unlautere Weise den Baum vom Adventszauber verschafft und außerdem dem Musikverein bei einem Ausflug nach Tirol untersagt, im Regen an einer Prozession teilzunehmen. Bei der Kirchensanierung hätte er sich mit dem Hinweis, dass er zwei linke Hände habe, herausgeredet und beim Adventszauber außerdem zugelassen, dass ein Hund einer Frau aus Ennetach eine rote Wurst weggeschnappt habe. „Ich kann doch auch nichts dafür, dass die Hunde aus der Göge schneller sind als die Frauen aus Annada“, verteidigte sich der Rainer.
Eichen gibt Rainer den Rest
Doch dann trat auch noch Paul Heitele aus Eichen hervor und gab dem Angeklagten den Rest. Schließlich könne es nicht sein, dass in dem Ortsteil, der Eichen heiße, immer nur Birken und Buchen gepflanzt würden. Zudem würde zwischen Hohentengen und Eichen, die beide eine Straßensanierung hinter sich haben, mit zweierlei Maß gemessen. „In beiden Orten fehlt noch der Feinbelag, aber in Hohentengen ist die Straße freigegeben und man kann fahren und bei uns bleibt es gesperrt und die Polizei will 45 Euro von jedem, der durchfahren möchte“, kritisierte er. „Das ist doch Beihilfe zur Autofahrerabzocke.“Keine Chance für Rainer, er nahm das Urteil gelassen hin. Schließlich durfte er die Narren anschließend in Kindergarten und Grundschule begleiten und auch ein wenig mitfeiern. In der Göge-Halle wurde eine Spielstraße für Kinder errichtet und am Nachmittag fand dort der Kinderball statt.
Klaus Burger hat am Donnerstag zum letzten Mal den Richter gespielt. Sein politisches Amt lasse ihm kaum Zeit für diese Aufgabe, weshalb er sich nach einem Nachfolger umgesehen habe. Gefunden hat er ihn schließlich in Walter Leichtle. Der beobachtet den Schultes jetzt schon mit Adleraugen und macht sich Notizen...