Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Narren verabschieden sich standesgemäß vom „Kaiser“-Paar
In der Sänfte vom Obertor zum Marktplatz – Künftig Kaiser der Narren
PFULLENDORF - Absolut angemessen und standesgemäß haben sich die Stegstrecker am Sonntag von „Kaiser“Paul Woerz und seiner Frau Sonja verabschiedet. Bekanntlich schließen die beiden ja im Sommer ihr Gasthaus am Marktplatz. Für die Narren ein herber Verlust, war doch der „Deutsche Kaiser“34 Jahre lang deren Stammburg, in der nicht nur die Brennsupp nach der Martinisitzung gegessen wurde, sondern die auch in vielfältiger Weise zum Stärken und Aufwärmen diente.
Am Sonntag gab es deshalb ein Spektakel, das dem Kaiser und der Kaiserin den Atem raubte: Alle Gruppen der Stegstrecker bildeten nach der Rückkehr vom Umzug in Weingarten ein langes Spalier vom Obertor bis zur „Kaiser“-Tür. „Schön muss es aussehen“, dirigierte Michael Rahm beim Aufstellen der Narren, die bereits einen langen und kalten Tag hinter sich hatten, immer wieder durch das Megaphon. „Immer eine Armlänge voneinander.“Als alles stand und die Fackeln entzündet waren, brachten die Narren das „Kaiser“-Paar in einer Sänfte vom Obertor auf den Marktplatz.
Wie in einer Familie aufgenommen
Begleitet wurde der feierliche Zug von den Altnarrenräten und der Stadtmusik, die passend zum Anlass Strophe um Strophe des Narrenmarschs spielte. Auf dem Marktplatz fuhr man mit der Sänfte noch ein paar Ehrenrunden, dann stellten sich die Narrenräte und die Sprecher aller Gruppen beim Narrenbrunnen auf, um dem Paar zu danken. „Seit ihr beide das Ruder im Kaiser übernommen, wurden wir Narren bei euch wie in einer Familie aufgenommen“, war da von Charly Fehrenbach zu hören, oder von Oliver Ritter: „Hexen, Hänsle, Nidler, Schaalweib, Schneller, allen habt ihr gern gefüllt Gläser und auch Teller.“Jeder hatte etwas zu den Lobreden beizutragen, sei es das Essen, das „immer der Hit“war, die Blätzle der Hänsele, die öfters mal im „Kaiser“geblieben waren, die Hexentauf mit „gefülltem Humpen bis zum Rand“oder die Stündchen, die so mancher Narr im Hinterzimmer genoss.
Selbst außerhalb der Fasnet blieb das Wirtshaus nicht verschont. „Für unsere Häser war der Kaiser auch gern mal Lagerraum, manch einem fiel’s erst im nächsten Jahr ein, wieder danach zu schau’n“, reimte Till Bauer von den Hänsele und Holger Rupp von den Hexen ergänzte: „Sogar der Narrenbaum war vor eurer Tür daheim.“Dass alle Narren den „Kaiser“und die Fasnet fest verbinden, „und dadurch die Erinnerung niemals entschwindet“, stellte Oliver Ritter fest und Zunftmeister Andreas Narr sagte schließlich: „Nichts, was man fassen oder greifen kann, können wir euch jemals dafür geben. Wir verneigen uns vor euch, ihr und unsere Fasnet sollt lange leben.“
Sichtlich gerührt stiegen Sonja und Paul Woerz aus der Sänfte. „Jetzt habt ihr es geschafft, der Kaiser und seine Kaiserin sind sprachlos“, sagte Paul Woerz mit närrischem Humor. Er könne kaum fassen, was da geschehe, denn er habe Jahr für Jahr den Narren das Geld aus der Tasche gezogen und es nach der Fasnet mit seiner Kaiserin auf Gran Canaria verprasst.
Sogleich bot er für die Zeit „Nach der Monarchie in Pfullendorf“seine Dienste als Kaiser der Narren an. „Braucht ihr no oiner“, fragte er und stellte sogleich seine Bedingungen: Der Narrenrat muss auf die Knie. Artig folgten die Narrenräte der Aufforderung, bevor die Stadtmusik noch einmal den Narrenmarsch anstimmte und das Kaiserpaar wieder zu seinen Pflichten im Gasthaus zurückkehrte.