Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Lust am Untergang
Abgang Martin Schulz, Andrea Nahles ante portas – die SPD stellt die Weichen für den Neuanfang. Doch sogar das will ihr nicht richtig gelingen. Die neue Hoffnungsträgerin muss erst einmal warten, damit alles dem Parteistatut gemäß zugeht.
Die Lust am Untergang scheint gewaltig zu sein. In Nullkommanichts haben die Genossen ihren Erfolg bei den Koalitionsverhandlungen wieder verspielt und machen sich bereits daran, die potenzielle Nachfolgerin zu beschädigen. Da wird ein Streit um die Satzung vehement geführt, herrscht tiefes Misstrauen und gibt es tiefe Gräben in der Partei. Die Idee, den Übergang möglichst schnell zu organisieren, nach dem Abgang von Martin Schulz kein Vakuum entstehen zu lassen, und Nahles zur kommissarischen Vorsitzenden machen zu wollen, war prinzipiell richtig. Ein Blick in die Parteistatuten wäre aber hilfreich gewesen, und eine offene Kommunikation hätte nicht geschadet. So bleibt der Verdacht der Hinterzimmer-Deals ohne Beteiligung der Basis. Nahles und die Parteiführung sollten jetzt alles daran setzen, den Unmut an der Basis zu besänftigen. Der Mitgliederentscheid über die Große Koalition liegt weiter wie ein Damoklesschwert über der Partei und ihrer möglichen künftigen Vorsitzenden.