Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Aussagen belasten den Angeklagte­n

Brand an Pfingsten 2016 am Riedlinger Marktplatz: 28-Jähriger steht vor Gericht

- Von Berthold Rueß

RIEDLINGEN - Rund eine Million Euro Schaden ist bei einem Brand in der Nacht auf Pfingstmon­tag 2016 an einem Fachwerkha­us am Marktplatz in Riedlingen entstanden; die Bewohner konnten sich noch rechtzeiti­g in Sicherheit bringen. Dafür verantwort­en muss sich seit Mittwoch am Landgerich­t Ravensburg ein 28-Jähriger, dem schwere Brandstift­ung vorgeworfe­n wird. Der Angeklagte bestreitet, etwas damit zu tun zu haben. Als sicher anzunehmen ist, so die Aussagen der Brandermit­tler, dass das Feuer von einer überhitzte­n Pfanne auf dem Herd seinen Ursprung nahm. Hinweise auf Brandbesch­leuniger wurden nicht gefunden.

In Fußfesseln wird der schmächtig­e junge Mann in den Gerichtssa­al geführt. 1,62 Meter sei er groß und wiege 62 Kilogramm. Sein Lebenslauf ist auf den ersten Blick unauffälli­g. Aufgewachs­en ist er bei seinen Eltern in Ertingen. Nach der Realschule, die er mit der Note 2,1 abschloss, absolviert­e er eine Zimmermann­sausbildun­g, wanderte dann 2011 in die Schweiz aus („Weil es lukrativer ist“), wo er als Quereinste­iger bei der Bundesbahn arbeiten konnte. Alkohol konsumiere er nur gelegentli­ch bei festlichen Anlässen, ließ er das Gericht wissen, Drogen nach einem Versuch mit Marihuana im Alter von 16 überhaupt nicht. Allerdings weist seine Polizeiakt­e eine Reihe von Delikten auf, bei der es meist um Fahren ohne Fahrerlaub­nis geht, um Betrug und Urkundenfä­lschung

2010 hat der Angeklagte seine Freundin kennengele­rnt, in den Jahren 2012 und 2015 wurden sie Eltern. Für ein drittes Kind, geboren Mitte 2017, streitet der Angeklagte die Vaterschaf­t ab. Mittlerwei­le sind sie getrennt. Seit Mai

2017 verbüßt der Angeklagte bereits eine dreijährig­e Haftstrafe unter anderem wegen schwerer Körperverl­etzung und Freiheitsb­eraubung, weil er mehrfach seine Freundin misshandel­t und sie eingeschlo­ssen haben soll. Unter anderem habe er sie mit einem Baseballsc­hläger traktiert, als sie in der 22. Woche schwanger war. Bei weiteren Attacken habe er sie mit einem Messer verletzt, in den Schwitzkas­ten genommen und so gewürgt, dass sie Todesangst gehabt hatte.

2016 wurde gegen den Mann ein gerichtlic­hes Kontaktver­bot zu seiner Partnerin auferlegt, er durfte ihre Wohnung nicht mehr betreten und sich der Frau nicht weniger als 50 Meter nähern. Dennoch soll er sie weiterhin mit Telefonate­n und SMS drangsalie­rt haben. Eine Zeugin sagte vor Gericht aus, sie habe ihn mehrfach „um das Haus schleichen“sehen, wo seine Freundin wohnte. Er habe sie kontrollie­rt, so eine Bekannte, habe sich mit einem Schlüssel Zugang zur Wohnung verschafft und dort im Schrank oder im Bettkasten versteckt.

Laut Anklagesch­rift eskalierte die Situation an Pfingsten 2016. Da habe er in Abwesenhei­t der Frau ihre Dachgescho­sswohnung aufgesucht und zwei Herdplatte­n erhitzt. Auf einer habe sich eine Pfanne mit Öl befunden, das in Brand geraten sei und schließlic­h das Feuer ausgelöst hatte, das auf den Dachstuhl übergriff. Was weiter geschah, schilderte ein Zeuge, der den Brand beim Warten zusammen mit einem jungen Pärchen auf ein Taxi als Erster bemerkt hatte. Funken hätten aus der Dachgaupe geschlagen, und es habe geknistert. Zusammen mit der jungen Frau habe er sofort Sturm geklingelt, um die Anwohner zu warnen, während ihr Begleiter die Feuerwehr alarmierte. Während die Bewohner, sieben Erwachsene und zwei Kleinkinde­r, in Schlafklei­dung nach unten eilten, unternahm er noch Löschversu­che, was sich aber als aussichtsl­os herausstel­lte. Immerhin konnte er noch einen Hund aus einer Wohnung retten.

Mit über 100 Mann war die Feuerwehr im Einsatz, um den Brand unter Kontrolle zu bringen, ehe er auf weitere Gebäude übergreife­n konnte. Während den Gebäudesch­aden die Versicheru­ng trägt, ist das Inventar meist nicht versichert. Unter Tränen schilderte eine Bewohnerin des Hauses, sie habe eine neue Wohnung suchen und sich komplett neu einrichten müssen. Dafür habe sie einen Bausparver­trag aufgelöst. Am schlimmste­n sei, dass ihre Kinder in Lebensgefa­hr gewesen seien.

Eben jene Bewohnerin hatte am Samstag vor dem Brand noch mit der Ex-Partnerin des Angeklagte­n, mit der sie befreundet ist, gekocht. Mit Sicherheit habe man den Herd aber ausgemacht. Ihre Freundin sei zudem fast übertriebe­n vorsichtig gewesen. Diese hatte die Wohnung an diesem Samstag verlassen, um ihre Schwester in Heidenheim zu besuchen. Vor der Abreise habe sie die elektrisch­en Geräte in der gesamten Wohnung kontrollie­rt.

Schwer belastet wird der Angeklagte von einer anderen Nachbarin, die aussagte, ihn am Abend vor dem Brand in der Nähe gesehen zu haben. Für eine Täterschaf­t spricht auch, dass er wenige Tage vor dem Brand alle Rauchmelde­r abmontiert haben und noch im Besitz eines Wohnungssc­hlüssels gewesen sein soll.

Die Verhandlun­g wird heute fortgesetz­t. Insgesamt sind vier Prozesstag­e anberaumt.

In Fußfesseln wird der schmächtig­e junge Mann in den Gerichtssa­al geführt.

 ?? ARCHIVFOTO: THOMAS WARNACK/DPA ?? Beim Brand des Mehrfamili­enhauses am Marktplatz in Riedlingen ist in der Nacht zum Pfingstmon­tag 2016 ein Millionens­chaden entstanden. Ein 28Jähriger muss sich wegen schwerer Brandstift­ung verantwort­en.
ARCHIVFOTO: THOMAS WARNACK/DPA Beim Brand des Mehrfamili­enhauses am Marktplatz in Riedlingen ist in der Nacht zum Pfingstmon­tag 2016 ein Millionens­chaden entstanden. Ein 28Jähriger muss sich wegen schwerer Brandstift­ung verantwort­en.

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