Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Leidenschaftlicher Appell
Steven Spielbergs Drama „Die Verlegerin“mit einer überragenden Meryl Streep
Wenn sich ein Film um die „Washington Post“und die „New York Times“dreht – die beiden Zeitungen, die am meisten mit Donald Trump im Clinch liegen, gleichzeitig aber von ihm profitieren – dann sind Bezüge zur aktuellen Politik unvermeidbar. Im Falle von Steven Spielbergs „Die Verlegerin“werden solche Verbindungen nicht nur in Kauf genommen, sondern bewusst betont. Darüber hinaus ist der Film genauso gut geworden, wie man es von einer Zusammenarbeit von Spielberg mit den beiden Größen Meryl Streep und Tom Hanks erwarten kann – allerdings auch nicht besser.
Im Mittelpunkt steht die „Washington Post“, die sich zu Beginn der 1970er-Jahre ihre Reputation als landesweit relevante Tageszeitung erst noch erarbeiten musste und im Schatten der „Times“stand. Zudem wurde der Verlag erstmals von einer Frau geführt, wobei Katharine Graham (Meryl Streep) zahlreiche Widerstände überwinden musste. Neben der Recherche und dem Konflikt mit der Regierung ist dies das zentrale Thema des Films. Streep liefert eine beachtlich nuancierte Darstellung und Spielberg zeigt sie oft in einem Meer von schwarzen Anzügen, wo sie im Zweifelsfall sicherheitshalber andere Männer für sich sprechen lässt. Verdientermaßen wurde sie für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert, wie das Werk auch unter den Nominierten für den besten Film ist.
Hanks spielt ihren leidenschaftlichen Chefredakteur Ben Bradlee. Als Whistleblower Daniel Ellsberg (Matthew Rhys) die „Pentagon Papers“ nach außen schmuggelt und der „Times“zuspielt, gerät die Medienlandschaft in Aufruhr. Denn in den Dokumenten wird klar belegt, dass sämtliche involvierten amerikanischen Regierungen und ihre Präsidenten, der verehrte Kennedy inklusive, die amerikanische Bevölkerung über die Hintergründe des Vietnamkrieges belogen hatten. So war Verteidigungsminister Robert McNamara (Bruce Greenwood) seit Jahren klar, dass der Krieg nicht zu gewinnen sei. Auch um einen Gesichtsverlust zu vermeiden, wurden dennoch immer weitere Truppen entsandt.
Hochbrisantes Material also, und als die Nixon-Regierung der Times gerichtlich untersagt, weitere Dokumente zu veröffentlichen, wittert Bradlee seine Chance: Er setzt Reporter Ben Bagdikian (ein brillanter Bob Odenkirk, bekannt aus „Breaking Bad“) auf den Fall an, um die Quelle für die Dokumente ausfindig zu machen und diese selber zu veröffentlichen.
Auch wer mit den zeithistorischen Ereignissen vertraut ist, kann sich von der Spannung der Recherche und des Zwiespalts, in dem Verlegerin Graham steht, anstecken lassen. Dazu werden immer wieder zeitlose Fragen aufgeworfen, etwa wie viel Nähe zu den Mächtigen Medien zulassen sollten. Teils wurde kritisiert, dass diese zu offenkundig auf die aktuelle politische Lage gemünzt seien – aber in Zeiten, in denen die Freiheit der kritischen Presse massiv infrage gestellt wird, sind auch klare Antworten angebracht.
Die Verlegerin. Regie: Steven Spielberg. Mit Meryl Streep, Tom Hanks, Bob Odenkirk. USA 2017. 117 Minuten. FSK ab 6.