Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Gericht verhandelt sexuellen Missbrauch
Ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung – Tat kann nicht ganz rekonstruiert werden
KREIS SIGMARINGEN - Zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung ist ein 28-Jähriger aus dem Landkreis Sigmaringen am Dienstag wegen schweren Missbrauchs an einer Minderjährigen vor dem Schöffengericht verurteilt worden. Außerdem ordnete Richter Jürgen Dorner eine Zahlung von 1000 Euro an den Kinderschutzbund an.
Der 28-Jährige soll im Sommer 2016 Oralverkehr mit einer damals 13-Jährigen gehabt haben. Die Aussagen des Opfers widersprachen sich in manchen Punkten, dennoch stufte der Richter die Glaubwürdigkeit der Jugendlichen aufgrund eines ausführlichen psychologischen Gutachtens als hoch ein.
Die Vernehmung des Opfers sowie dessen früherer Freundin, die ebenfalls angegeben hatte, der Angeklagte habe sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen – diese Anklage wurde jedoch fallengelassen – fand aufgrund des Alters der beiden Mädchen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt; ebenso die Plädoyers von Anwalt und Staatsanwalt.
Zur Anklage des Opfers kam es wohl durch die Freundin, die sich mehr als ein Jahr später ihrer Heimleiterin anvertraut hatte, welche wiederum Anzeige erstattete. Was genau passiert ist, blieb auch nach der Verhandlung im Dunkeln. Die beiden Freundinnen übernachteten mehrfach beim Angeklagten, mitunter, weil sie zu Hause Probleme hatten. Das Opfer war mehrfach in Heimen untergebracht und ist psychisch vorbelastet, laut Gutachter jedoch nicht in einem Maße, dass ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellen würde.
„Sie hat mir gesagt, sie wird geschlagen und bekommt nichts zu essen und anzuziehen, da habe ich ihr angeboten, dass sie bei mir schlafen kann“, so der Angeklagte. In einer Nacht im Sommer 2016 ist es zum – in den Augen von Richter Dorner – einvernehmlichen Blowjob gekommen. Außerdem beschrieben die beiden Mädchen sowie ein Freund des Angeklagten, der in der Tatnacht auch anwesend gewesen sein soll, weitere sexuelle Handlungen zwischen dem Angeklagten und dem Opfer unter der Dusche, wie dem Kontext der Hauptverhandlung entnommen werden konnte.
Angeklagter streitet die Tat ab
Der Angeklagte stritt die Tat von Beginn an ab: „Die beiden haben sich fast um mich geprügelt, sie haben sich an mich rangemacht. Ich habe gesagt: Ihr seid zu jung, wenn ihr 18 seid können wir darüber reden“, lautete seine Version der Dinge.
Die Mutter des Opfers sagte ebenfalls aus: „Sie war an dem Tag überhaupt nicht zugänglich und hysterisch“, so die Mutter, die erst im Nachhinein von der Tat erfahren hatte. „Jetzt kann ich mir das erklären.“
Wie der Anwalt des Angeklagten schilderte, widersprach sich das Opfer in manchen Punkten. So gab das Mädchen bei der polizeilichen Befragung beispielsweise an, es habe sich um einvernehmlichen Oralverkehr gehandelt, bei der psychologischen Befragung jedoch sprach sie von einer nicht freiwilligen Handlung. Ebenso gab sie zunächst an, ihre Klamotten beim Oralverkehr getragen zu haben, später sagte sie, sie hatte sie ausgezogen. „Das gibt ein anderes Bild ab, das sind mehr als Inkonsistenzen“, so der Anwalt.
Für Dorner und die beiden Schöffenrichter, Hermann Zweifel und Heike Teufel, lag aufgrund der mutmaßlichen Einvernehmlichkeit ein minder schwerer Fall des schweren sexuellen Missbrauchs vor.