Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Mangel an Erzieherinnen bringt Eltern in Not
Kindertagheim muss fünf Wochen lang improvisieren – Ab Montag sollen die gewohnten Öffnungszeiten gelten
PFULLENDORF - Nach fünf Wochen des Personalmangels, des Improvisierens und des Ärgers soll sich der Betrieb im evangelischen Kindertagheim in Pfullendorf ab nächster Woche wieder normalisieren. „Wenn nichts Gravierendes dazwischen kommt, können wir am Montag zu den vollständigen Öffnungszeiten zurückkehren“, sagt Susanne Sargk, die beim Verwaltungs- und Serviceamt Schwarzwald-Bodensee für die Kindertagesstätten zuständig ist. Wegen des Ausfalls gleich mehrerer Erzieherinnen hatte der Pfullendorfer Kindergarten Mitte Januar seine Öffnungszeiten verkürzt – sehr zum Frust der Eltern. Nicht nur, dass diese auf Betreuungszeit verzichten mussten: Trotz der Einschränkungen werden für die Väter und Mütter die vollen Gebühren fällig.
Kündigung, Kur, Krankheit, Schwangerschaft: Aus verschiedenen Gründen fehlten im Januar kurzfristig gleich mehrere Erzieherinnen. Mit dem übrigen Personal hätten diese Ausfälle nicht mehr kompensiert werden können, sagt Susanne Sargk. Deshalb sahen sich die Verantwortlichen dazu gezwungen, den Kindergarten erst um 7.30 Uhr statt um 6.30 Uhr zu öffnen und bereits um 16.30 Uhr statt um 17.30 Uhr zu schließen. „Vor allem für berufstätige Eltern ist das eine echte Katastrophe, weil es deutlich mehr Stress bedeutet“, sagt eine betroffene Mutter.
„Vor allem für berufstätige Eltern ist das eine echte Katastrophe“, sagt eine betroffene Mutter über die verkürzten Öffnungszeiten.
Doch die Eltern regten sich nicht nur über mehr Stress auf. So hatte der Pfullendorfer Gemeinderat im September vergangenen Jahres eine Erhöhung der Elternbeiträge um 30 Prozent beschlossen. Weil es dort viele Kinder in der Ganztagsbetreuung gibt, sahen sich insbesondere die Mütter und Väter des Kindertagheims betroffen. Zudem befindet sich das Gebäude schon seit mehreren Jahren in einem baulich schlechten Zustand. Unter anderem mit der Heizung gibt es regelmäßig Probleme. Und jetzt auch noch verkürzte Öffnungszeiten wegen des Mangels an Erzieherinnen? „Das kam natürlich zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt“, sagt die Mutter.
Das räumt auch Susanne Sargk ein, die sich den wütenden Müttern und Vätern in einer Elternbeiratssitzung stellte. „Ich verstehe die Eltern total“, sagt Sargk. „Das war ein ganz unglückliches Zusammentreffen mehrerer Faktoren.“Dennoch habe es zu verkürzten Öffnungszeiten keine Alternative gegeben. „Wir haben das vorhandene Personal wirklich ausgereizt.“Der Anregung aus dem Elternbeirat, für die Kinderbetreuung Väter und Mütter einzuspannen, habe sie nicht nachkommen können. „Das müssen Fachkräfte machen“, sagt Sargk. Zudem bräuchten Kinder bestimmte Bezugspersonen und keine ständigen Wechsel.
Inzwischen hat das Verwaltungsund Serviceamt allerdings genug Erzieherinnen einstellen können, um ab nächster Woche wieder in den normalen Betrieb des Kindertagheims überzugehen – trotz genereller Probleme bei der Personalsuche. „Vor allem Häuser, die eine Ganztagsbetreuung anbieten, haben es zunehmend schwer“, sagt Susanne Sargk. „Die meisten Erzieherinnen würden gerne nur von 8 bis 12 Uhr arbeiten. Die Nachmittage sind sehr unbeliebt.“Hinzu komme eine grundsätzlich schwache Arbeitsmarktlage bei Erziehern. „Für das Kindertagheim hatten wir aber genug qualifizierte Bewerbungen, um das Personal wieder aufzustocken.“
Das sorgt bei den Eltern für Erleichterung. „Wir haben uns teilweise zusammengeschlossen, um uns selbst zu helfen“, berichtet die betroffene Mutter. „Unterm Strich war es jetzt ein absehbarer Zeitrahmen.“Kein Verständnis habe sie allerdings dafür, dass sie trotz eingeschränkter Öffnungszeiten den vollen Elternbeitrag bezahlen muss. „Wir haben doch eine bestimmte Leistung bezahlt, die wir dann nicht vollständig bekommen haben“, sagt die Mutter.
Doch bei den Elternbeiträgen sieht Susanne Sargk keinen Spielraum. So würden zum Beispiel kranke Erzieherinnen weiter bezahlt, weil sie sich in der Lohnfortzahlung befinden. „Hinzu kommen die Erzieherinnen, die ich jetzt neu eingestellt habe“, sagt Sargk. Zahle sie jetzt Elternbeiträge teilweise zurück, drohe dem Kindertagheim eine finanzielle Schieflage. „Auch die Kindergartenordnung sieht eine Stundung von Beiträgen nicht vor“, sagt Sargk. „Der Beitrag der Eltern finanziert außerdem nur einen Teil der Betriebskosten.“Anders sehe es beispielsweise aus, wenn Erzieherinnen streiken. „In diesem Fall haben Kommunen den Eltern schon Geld erstattet“, sagt Sargk. „Sie mussten dann aber auch nicht die Gehälter der streikenden Erzieherinnen bezahlen.“