Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Hammerhart durch den Eiskanal
Mariama Jamanka, 2013 noch Leichtathletin, holt sensationell Gold im Zweierbob
PYEONGCHANG (SID) - Als B-Team gestartet und plötzlich Gold gewonnen: Mariama Jamanka wurde nach ihren vier sensationellen Fahrten durch den Eiskanal von ihren Gefühlen übermannt. Noch im Schlitten sitzend vergoss die Bob-Pilotin aus Oberhof Freudentränen, nach dem Aussteigen starrte die 27-Jährige ungläubig ihre Anschieberin Lisa Buckwitz an. Doch es stimmte: Jamanka raste bei den Winterspielen nervenstark zum vollkommen unerwarteten Olympiasieg.
Die angeschlagenen Stephanie Schneider und Annika Drazek, in Pyeongchang als eigentliches deutsches Nummer-eins-Paar vorgesehen, verbesserten sich im Finallauf noch von Platz fünf auf vier. Am Ende fehlten acht Hundertstelsekunden auf Bronze. Die Winterbergerin Anna Köhler wurde mit Erline Nolte 14. Jamanka ist die erste deutsche Olympiasiegerin im Zweierbob seit dem Erfolg von Sandra Kiriasis 2006 in Turin. In Vancouver und Sotschi waren die deutschen Frauen leer ausgegangen.
Bis 2013 Hammerwerferin
„Es ist wirklich der Hammer“, sagte Jamanka, „ich habe mir nichts vorher von den anderen angeguckt. Ich bin schon mit einer gewissen Lockerheit rangegangen, aber am Ende ist es ein Rennen und man will alles geben. Ich bin froh, dass es so geklappt hat.“
Die ehemalige Hammerwerferin Jamanka war erst 2013 zum Bobsport gekommen. Die gebürtige Berlinerin, Tochter eines Gambiers und einer Deutschen, zog dafür aus der Metropole in die thüringische Provinz nach Oberhof. Da sie keine Vergangenheit im Rodelbereich hatte wie viele andere Pilotinnen, musste sie sich das Bahngefühl und die Linien schwer erarbeiten. „Manchmal bin ich verzweifelt und konnte nicht immer alles zeigen“, sagte sie rückblickend.
Doch irgendwann zahlte sich ihre Arbeit aus. Ihren bislang größten Erfolg 2017 mit dem EM-Titel in Winterberg holte sie mit Annika Drazek – zwei Jahre nach ihrem Weltcup-Debüt in Königssee. In diesem WeltcupWinter schaffte sie drei Podestplätze. Nach den Überseerennen, bei denen Drazek fehlte, wurde sie mit der weltbesten Anschieberin in Winterberg Dritte. „Sie bringt einen Wahnsinnsschub in den Bob“, schwärmte Jamanka über die ehemalige Sprinterin – die nun mit Stephanie Schneider fuhr und Vierte wurde. Jamanka hatte in Pyeongchang Buckwitz im Heck, die wiederum mit Schneider eng befreundet ist. Das ist aber kein Problem. „Wir kommen alle so gut miteinander aus, da gönnt eine der anderen den Erfolg“, sagte Jamanka. Auch ein Verdienst von Bobchef Spies.
Der stürzte den Goldmädels nach der Zieldurchfahrt entgegen und brüllte seine Freude heraus. „Sie hat in den letzten Jahren schon gezeigt, dass sie eine ruhige Persönlichkeit ist. Daran hat sich jetzt nichts geändert, auch zwischen den Läufen wirkte sie sehr ruhig, das hat uns ein gutes Gefühl gegeben. Es war eine sensationelle Leistung“, lobte er. Jamanka profitierte dabei auch vom gut laufenden deutschen FrauenSchlitten, gebaut vom Stammausrüster FES. „Ein Materialproblem haben wir sicher nicht“, sagte Spies schon vor den letzten beiden Läufen. Er sollte recht behalten.
Team D hat Siegrekord eingestellt
Nach dem Olympiasieg von Francesco Friedrich im Zweier am Montag ist es bereits der zweite Triumph für das deutsche Team. Vor vier Jahren in Sotschi waren die Bobfahrer erstmals seit 50 Jahren noch komplett leer ausgegangen. Diese Schmach ist getilgt. Jamanka gewann am Mittwoch zudem das zwölfte Gold bei den Spielen in Südkorea für „Team D“, damit wurde unter den Augen des IOC-Präsidenten Thomas Bach der Siegrekord von 1998 in Nagano und 2002 in Salt Lake City eingestellt.