Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Passant findet Geldkassette am Straßenrand
Prozess um mutmaßliche Automatenknacker geht in Hechingen weiter
HECHINGEN - Im Prozess um die mutmaßliche Bande, die in den vergangenen Jahren im süddeutschen Raum etliche Geldautomaten geknackt und mehr als eine halbe Million Euro erbeutet haben soll, ist am Donnerstag ein Kriminalhauptkommissar aus Kehl als Zeuge befragt worden. Er ist als Hauptsachbearbeiter tief in die Materie eingearbeitet und bezifferte vor dem Landgericht in Hechingen unter anderem die konkreten Schäden, die bei den einzelnen Taten entstanden sind. Außerdem berichtete er von Ergebnissen der aufwendigen Ermittlungen, die die Polizei teilweise verdeckt geführt hatte. Großen Raum nahm die Tatnacht im April 2016 ein, in der in weniger als anderthalb Stunden zuerst ein Geldautomat der Volksbank in Hettingen und dann der der Volksbank in Engelswies geknackt wurde.
„In Hettingen erbeuteten die Täter 58 075 Euro und richteten Sachschaden in Höhe von 13 700 Euro an“, sagte der Kommissar. Immerhin: Die Polizei war zunächst von Sachschaden in Höhe von 20 000 Euro ausgegangen. Beträchtlich war auch der Schaden in Engelswies: Dort gelang es den Tätern, 91 770 Euro aus dem Geldautomaten zu stehlen. Darüber hinaus entstand Sachschaden in Höhe von knapp 23 000 Euro. An der B 311 in Richtung Tuttlingen fand ein Passant später zwei Geldkassetten, die eindeutig der Bankfiliale in Engelswies zugeordnet werden konnten. „Wir gehen davon aus, dass die Fluchtstrecke dort entlangführte und die Geldkassetten aus dem Auto geworfen wurden“, sagte der Zeuge. Wie die weiteren Ermittlungen ergeben hätten, war das Fluchtfahrzeug kurz darauf in Tuttlingen in eine Radarfalle gefahren. Laut einem entsprechenden Gutachten sei so gut wie sicher, dass am Steuer einer der fünf Angeklagten saß.
Bevor der Kriminalhauptkommissar im Zeugenstand Platz nahm, wurden die Vorstrafen der fünf Angeklagten mit südosteuropäischen Wurzeln verlesen. Drei von ihnen waren einschlägig vorbestraft und teilweise bereits in den 1990er-Jahren mit schweren Diebstählen quer durch Deutschland in Erscheinung getreten. Zwei der Angeklagten waren nicht in Deutschland vorbestraft.
Der Vorsitzende Richter Hannes Breucker stellte es den Angeklagten frei, zu Beginn der Verhandlung Geständnisse abzulegen. Er erklärte, dass dies unter dem Strich nicht nur geringere Strafen ergeben, sondern auch den Prozess als Ganzes erheblich verkürzen könnte.
Nach einer Pause verlas schließlich einer der Anwälte für seinen Mandanten eine Erklärung, in der er gestand, insgesamt 7000 Euro vom erbeuteten Geld erhalten zu haben. Er wolle möglichst „schnell nach Hause abgeschoben werden“und habe eine schwangere Freundin, die das gemeinsame Kind womöglich bereits bekommen habe. Die Anwälte zweier weiterer Angeklagter erklärten, nach weiterer Rücksprache mit ihren Mandanten gegebenenfalls in der kommenden Woche eine entsprechende Erklärung abzugeben; die zwei übrigen Angeklagten wollen sich derzeit nicht äußern.
Der Prozess wird am kommenden Montag ab 9 Uhr fortgesetzt.