Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Grenze beeindruckt Silke Fischer
Mengenerin berichtet über ihren Besuch bei den Olympischen Spielen in PyeongChang
MENGEN - Es sei schön gewesen, mal wieder auszuschlafen, sagt Silke Fischer und lacht. Denn die knapp zwei Wochen, die die 17-Jährige in Südkorea während der Spiele anlässlich des Jugendlagers des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) verbracht hat, waren ganz schön stressig. Durchgetaktet der Tagesablauf. Hier eine Diskussionsrunde, dort ein Besuch eines Wettkampfs, Sehenswürdigkeiten, weite Fahrtstrecken hinter sich bringen, Tagesablauf in Seoul und PyeongChang. Silke Fischer gehörte in Südkorea zu den 40 Nachwuchssportlern, die der DOSB eingeladen hatte. Fischer, selbst Mitglied im Kader der Luftpistolenschützen, die am Landesleistungszentrum in Pforzheim trainiert, hatte im vergangenen Jahr vom Jugendlager gehört, sich beworben. Im Camp versammelt der DOSB hoffnungsvolle Talente aus olympischen, aber auch nichtolympischen Sportarten - in Südkorea waren beispielsweise auch ein Motorsportler sowie Mitglieder des Bundeskaders im Telemark-Skifahren dabei - die sich außer im Sport auch im sozialen Bereich, beispielsweise in der Kinderförderung engagieren. Wie Silke Fischer, die dies bei den Schützen in Ennetach tut.
Doch der Stress hat sich gelohnt. Wenige Tage nach ihrer Rückkehr sitzt Silke Fischer im elterlichen Esszimmer, bei Kaffee und Apfelkuchen, gebacken von Mama Kornelia, und denkt gerne an ihre Erlebnisse zurück. Mit ein wenig Stolz präsentiert sie die Eintrittskarten der Veranstaltungen, die sie live verfolgt hat: natürlich Biathlon mit Laura Dahlmeier, mit der sie die Leidenschaft fürs Klettern teilt, Skispringen mit Andreas Wellinger, inklusive Gesangswettstreit mit den polnischen Fans, Ski alpin. „Ich habe oft Veranstaltungen spät abends besucht, wie Biathlon oder Skispringen. Mit dem Ergebnis, dass wir nachts nicht vor zwei Uhr zu Hause waren. Damit sind die Nächte noch kürzer geworden“, erzählt Silke Fischer, die sich um den Nachhaltigkeitsgedanken bei Olympia sorgt. Vormittags standen oft Termine an, wie Gesprächsrunden wie mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier oder dem Pressesprecher der deutschen Mannschaft. Oder aber die Teilnehmer des Jugendlagers stellten den anderen ihre eigene Sportart vor, mit kurzen Demonstrationen oder zur Sportart passenden Spielen.
Deutsches Essen lockt
Natürlich kam auch die Begegnung mit den Sportlern nicht zu kurz. „Im Deutschen Haus sind wir vielen Sportlern begegnet. Wie Eric Frenzel. Er hat uns seine Medaille gezeigt. Aber auch andere, ehemalige Sportler, die in Südkorea waren, die wir unkompliziert im Deutschen Haus ansprechen konnten“, schwärmt Silke Fischer. Auch der Teamgeist der deutschen Mannschaft habe sie beeindruckt, sagt sie, als sie auf der Eckbank zu Hause in der roten, deutschen Teamjacke mit der Aufschrift „Germany“sitzt.
Aber auch aus einem anderen Grund war das Deutsche Haus in PyeongChang die Anlaufstation für alle. „Da gab es deutsches Essen, Weißwürste, Brezeln und so“, und brachte Abwechslung zum allgegenwärtigen Reis. „Den gab es morgens, mittags, abends. Dazu Kimchi (Zubereitung von Gemüse durch Milchsäuregärung), zum Beispiel Kohl in Salz, mit roter Soße. Scharf. Oder kleine Tintenfischchen. Zum Frühstück gab es - neben Reis - Nutella, Erdnussbutter und Marmelade. Aber wir haben uns alle ans Nutella gehalten. Die Marmelade dagegen war .... eher ungewöhnlich“, sagt Silke Fischer und lacht. Zum Beweis der kulinarischen Außergewöhnlichkeiten hat sie ein Tütchen mit Nüssen, quasi ein Knabberspaß fürs abendliche Sofa, mitgebracht. Erst auf den zweiten Blick erkennt der geneigte Betrachter die kleinen, auf der Verpackung abgebildeten Fischchen. „Noch haben wir uns nicht getraut, die Tüte aufzumachen“, sagt Mama Kornelia Fischer und bietet lieber noch ein Stück Kuchen an.
Nicht nur von Kuchen ist Korea ein gutes Stück entfernt, wie Silke Fischer beim Besuch der Grenzregion zwischen Nord- und Südkorea, nach einer Fahrt durch wüstenähnliches, kaltes Niemandsland mit Zug und Bus erfahren hat. „Hier, das ist ein Haus nördlich der Grenze und hier ist Süden“, erläutert sie anhand eines eindrucksvollen Fotos. Eines von 1000, das sie während der Tage gemacht hat. „Und alles ist voll mit Kameras und Abhörgeräten“, zeigt sie ein weiteres. Besonders beeindruckend war der Besuch einer der Baracken, die genau auf der Grenze stehen und in der sich Nord- und Südkoreaner Auge in Auge begegnen. Über eine mögliche Wiedervereinigung unterhielt sich Silke Fischer auch mit einer Familie, in der sie quasi über Nacht zu Besuch war. „Viele Südkoreaner hoffen auf eine Annäherung und auf eine Wiedervereinigung. Schon, weil dann der Druck in der Schule in Südkorea vielleicht etwas kleiner wird.“Denn durch die Insellage - Nordkorea ist der einzige Nachbar zu dem Südkorea eine Landgrenze hat - fühlt sich Südkorea in vielen Dingen außen vor, auch wenn die Tourismuszahlen stark steigen, Seoul so etwas wie der „place to be“, also ein Hauptanziehungspunkt in Asien, derzeit sei. „Alle drängen auf die einzige Eliteuniversität des Landes. Dort sind aber die Plätze begrenzt. Alle Schüler versuchen, alles zu geben. Die Schule dauert von morgens acht Uhr bis abends um 22 Uhr. Unvorstellbar“, schildert Silke Fischer und erzählt eine abschließende Anekdote: „Als ich bei der Gastfamilie war, sind wir abends noch runter ans Meer, aber die Tochter der Familie ist nicht mitgekommen. Sie war einfach zu müde.“